Medizin

Erster Schritt zur Verhütungs-Pille für Männer?

Hormonfreier Wirkstoff stoppt bei Mäusen vorübergehend die Spermienproduktion

Spermien
Bisher fehlt eine Pille, die Männer zur Verhütung nutzen können. © Christoph Burgstedt/ Getty images

Pille für den Mann: US-Forscher haben einen Wirkstoff entdeckt, der sich als nichthormonelles Verhütungsmittel für Männer eignen könnte. In ersten Tests mit Mäusemännchen stoppte das Mittel vorübergehend die Spermienproduktion und verhinderte erfolgreich die Zeugung von Nachwuchs. Weil der Wirkstoff nicht den Testosteron-Haushalt beeinflusst, hat er weniger Nebenwirkungen als frühere Ansätze.

Bisher haben Männer nur begrenzte Möglichkeiten der Verhütung. Denn trotz jahrzehntelanger Suche gibt es bis heute keine „Pille“ für den Mann. Zwar gibt es eine hormonelle Verhütungsspritze, einfach einzunehmende und nebenwirkungsarme medikamentöse Verhütungsmittel fehlen jedoch bisher. Einige hormonelle Mittel mit Testosteron-blockierender Wirkung sind zwar im Test, sie haben jedoch teilweise erhebliche Nebenwirkungen.

Vitamin A statt Testosteron

Auf der Suche nach einem nicht-hormonellen Verhütungsmittel für den Mann könnten nun Forscher um Abdullah Al Norman von der University of Minnesota fündig geworden sein. Sie haben nach einem Wirkstoff gesucht, der einen speziellen Rezeptor für Vitamin A in den Hoden blockiert. „Man weiß schon lange, dass Vitamin A für die männliche Fruchtbarkeit essenziell ist“, erklärt Norman. „Ein Vitamin-A-Mangel kann männliche Säugetiere im Extremfall steril machen.“

Entscheidend dafür sind drei Rezeptoren für die Retinsäure, ein Stoffwechselprodukt des Vitamin A, Werden sie beispielsweise durch Deaktivierung der betreffenden Gene ausgeschaltet, bleibt die Spermienproduktion aus. Für ihre Studie haben die Forschenden die Struktur des Retinsäure-Alpha-Rezeptors (RAR-α) analysiert und dann chemische Verbindungen synthetisiert und in Zellkulturen getestet, die an diese Struktur andocken und sie blockieren können.

Spermienproduktion blockiert

Unter den 100 getesteten Molekülen erwies sich eines als besonders wirksam und spezifisch: Die Verbindung mit der Bezeichnung YCT529 hemmte den RAR-Alpha-Rezeptor, hatte aber eine nur schwache Wirkung auf die beiden eng verwandten Rezeptoren für RAR-Beta und RAR-Gamma. Diese hochspezifische Wirkung auf nur einen der drei Retinsäure-Rezeptoren könnte das Mittel daher besonders nebenwirkungsarm machen, wie das Team berichtet.

Im nächsten Schritt testeten die Forschenden das YCT529 bei männlichen Mäusen. Dafür verabreichten sie den Tieren vier Wochen lang den Wirkstoff und untersuchten, wie sich dies auf die Spermienproduktion der Mäusemännchen und ihren Zeugungserfolg auswirkte. Das Ergebnis: Das Mittel reduzierte die Zahl der Spermien drastisch und verhinderte nach Paarungen zu 99 Prozent eine Schwangerschaft der Mäuseweibchen.

Die Versuche bestätigten auch, dass die zeugungshemmende Wirkung von YCT529 reversibel war: Vier bis sechs Wochen nach Absetzen des Wirkstoffs produzierten die Mäusemännchen wieder genügend Spermien, um erfolgreich Väter zu werden.

Klinische Studie noch in diesem Jahr

Damit bietet der neu identifizierte Wirkstoff vielversprechende Voraussetzungen, um sich zur medikamentösen Verhütung für Männer zu eignen. Nach Angaben des Forschungsteams sollen erste klinische Studien mit Menschen schon im Herbst 2022 beginnen. Parallel dazu arbeiten sie bereits an weiteren Optimierungen und chemisch ähnlichen Varianten des YCT529-Wirkstoffs.

„Es ist immer schwer vorherzusagen, ob eine Verbindung, die im Tierversuch gut funktioniert, dann auch in klinischen Studien mit Menschen erfolgreich sein wird“, erklärt Arbeitsgruppenleiterin Gunda Georg von der University of Minnesota. „Deshalb erforschen wir zurzeit auch noch andere Verbindungen.“ (ACS Spring Meeting 2022)

Quelle: American Chemical Society (ACS)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Skelett eines ungeborenee Kindes

So entstehen die Knochen des ungeborenen Kindes

Astronomen entdecken jüngsten Transit-Planet

Mehr Blackouts durch Wind- und Sonnenstrom?

Parkinson: Wenn mehr Dopamin mehr Zittern bedeutet

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Verhütung - Vom Liebesspaß ohne unerwünschte Folgen

Bücher zum Thema

Top-Clicks der Woche