Dicke Luft mit Folgen: Ein Drittel aller Fälle von kindlichem Asthma in Europa gehen auf die Belastung mit Feinstaub zurück, wie eine Studie nun nahelegt. Ein Teil davon wäre schon durch leichte Verbesserungen der Luftqualität vermeidbar. Denn allein die Einhaltung der WHO-Grenzwerte würde den Forschern zufolge zu einer signifikanten Reduzierung der jährlichen Neuerkrankungen führen – und damit vielen Kindern die Atemnot ersparen.
Asthma gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen bei Kindern. Wesentlich verantwortlich für die Entstehung dieses Leidens sind neben der genetischen Veranlagung eine Reihe von Umweltfaktoren – allen voran die Luftverschmutzung. Zahlreiche Studien belegen, dass die Belastung mit Feinstaub, Stickoxiden und Co das Risiko von Asthma-Erkrankungen steigert. Doch wie viele Krankheitsfälle lassen sich tatsächlich auf „dicke Luft“ zurückführen?
Dies haben Haneen Khreis vom Texas A&M Transportation Institute in College Station und ihre Kollegen nun für Europa untersucht. Im Rahmen ihrer Analyse werteten die Forscher Daten von mehr als 63,4 Millionen Kindern aus 18 europäischen Ländern aus, darunter auch Deutschland. Konkret schauten sie sich an: Wie viele Kinder waren Asthma-Patienten und wie stark waren sie Belastungen mit PM2,5-Feinstaub, dem Stickoxid NO2 und Kohlenstoffpartikeln, zum Beispiel in Form von Ruß, ausgesetzt?
33 Prozent geht auf Feinstaub zurück
Wie erwartet, offenbarte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Luftverschmutzung und dem Auftreten von Asthma. Den Wissenschaftlern zufolge lässt sich demnach eine große Zahl von Krankheitsfällen auf die Belastung mit Feinstaub und anderen Luftschadstoffen zurückführen. So gehen nach ihren Berechnungen immerhin 33 Prozent aller Asthma-Fälle in Europa auf Feinstaub zurück. An 23 Prozent der Fälle könnte Stickstoffdioxid beteiligt sein und an 15 Prozent Ruß und andere kohlenstoffhaltige Partikel.
Im Umkehrschluss bedeutet das: Vielen Kindern könnte die Atemnot erspart bleiben, wenn die Luft in unseren Städten sauberer wäre. Was eine Verbesserung der Luftqualität bringen würde, kalkulierten Khreis und ihr Team mithilfe eines Modells und zwei unterschiedlichen Szenarien: Welchen Effekt hat die konsequente Einhaltung der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Grenzwerte? Und was passiert, wenn die Luftverschmutzung sogar auf das niedrigste jemals in der Literatur dokumentierte Ausmaß sinkt?
Viele vermeidbare Asthma-Fälle
Die Ergebnisse zeigten: „Die Einhaltung der WHO-Empfehlungen für PM2,5-Feinstaub würde eine signifikante Reduktion der jährlichen Asthma-Neuerkrankungen bedeuten“, berichtet Mitautor David Rojas-Rueda vom Barcelona Institute for Global Health. 66.000 Fälle von kindlichem Asthma in Europa, also rund elf Prozent, könnten demnach jedes Jahr vermieden werden. Bei Stickstoffdioxid ist der Effekt weniger deutlich. Hier gehen die Forscher von 2.400 vermeidbaren Fällen aus – das entspricht etwa 0,4 Prozent aller Asthmafälle.
„Unsere Resultate legen nahe, dass die derzeitigen WHO-Richtlinien für NO2 einen deutlich geringeren Schutz bieten als die Empfehlungen für PM2,5-Feinstaub. Wir empfehlen daher, diese Grenzwerte zu aktualisieren, um die Gesundheit der Kinder besser zu schützen“, konstatiert Rojas-Rueda.
„Wir sollten etwas tun“
Im zweiten Szenario mit noch besserer Luftqualität lassen sich nach den Berechnungen der Wissenschaftler sogar 190.000 Fälle in Bezug auf Feinstaub, 135.000 in Bezug auf NO2 und 89.000 in Bezug auf Ruß vermeiden. Alles in allem unterstreicht die Studie damit die große Bedeutung sauberer Luft für die Lungengesundheit, wie das Team erklärt.
„Viele unterschiedliche Forschergruppen haben in den vergangenen Jahren immer wieder Hinweise darauf gefunden, dass die Luftverschmutzung bei kindlichem Asthma einen erheblichen Beitrag zur Gesundheitslast leistet“, sagt Khreis. „Diese Einflüsse sind zum großen Teil vermeidbar und es gibt viele Maßnahmen, die das Ausmaß der Luftverschmutzung und die Belastung von Kindern reduzieren können. Wir können und sollten etwas dagegen tun“, so ihre Forderung. (European Respiratory Journal, 2019; in press; doi: 10.1183/13993003.02194-2018)
Quelle: Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal)