Zunehmendes Problem: Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) wird in Europa immer häufiger. Wie eine Prognose zeigt, könnten im Jahr 2050 schon 77 Millionen Menschen von dieser Netzhauterkrankung betroffen sein. Das ist ein Anstieg um 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2015. Auch die Zahl der jährlich neu diagnostizierten Fälle von AMD im Spätstadium wird demnach deutlich zunehmen. Schuld daran ist der demografische Wandel.
Die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD, ist eine der häufigsten Ursachen für starke Sehbehinderungen und Erblindungen bei älteren Menschen. Allein in Deutschland sind fünf bis sechs Millionen Menschen von dieser durch eine fortschreitende Zerstörung der Netzhaut gekennzeichneten Erkrankung betroffen.
„In Zukunft wird eine weitere Zunahme der Krankheitsfälle in Europa erwartet“, erklären Jeany Li von der Universität Bonn und ihre Kollegen. Doch wie genau wird sich die AMD-Häufigkeit in den kommenden Jahren entwickeln? Weil konkrete Zahlen dazu bisher fehlten, haben sich die Wissenschaftler nun an einer Prognose versucht.
Viele Neudiagnosen in Deutschland
Für ihre Analyse werteten sie 22 Studien mit insgesamt 55.323 Probanden aus unterschiedlichen europäischen Ländern aus, die die Prävalenz der Erkrankung bei älteren Menschen untersucht hatten. Zusätzlichen flossen in die Auswertung vier Studien mit 7.223 Teilnehmern zur Zahl auftretender Neuerkrankungen ein. Auf Basis dieser Daten rechnete das Forscherteam dann die zu erwartenden Fallzahlen bis zum Jahr 2050 hoch.
Die Ergebnisse enthüllten: Waren im Jahr 2015 rund 67 Millionen EU-Bürger von einer Form der altersbedingten Makuladegeneration betroffen, werden es 2050 bereits 77 Millionen sein – ein Anstieg um 15 Prozent. Die Zahl der jährlich neu diagnostizierten Fälle von AMD im Spätstadium wird dabei von 400.000 auf 700.000 steigen, wie Li und ihre Kollegen berichten. Die meisten dieser Fälle erwarten sie für Deutschland. Bei uns steigt die Zahl der Neudiagnosen demnach von 120.000 auf 180.000.
„Stetiger Anstieg aller Stadien“
Der wesentliche Grund für diese Entwicklung ist der demografische Wandel. Durch die Alterung der Bevölkerung steigt automatisch die Häufigkeit altersbedingter Erkrankungen, zu denen auch die AMD gehört. So ergab die Prognose: Unter den 60- bis 65-Jährigen ist 2050 nur knapp einer von zehn von der Netzhauterkrankung betroffen. Bei den über 75-Jährigen liegt der Anteil dagegen bei 27 Prozent. Deutschland ist von diesem Alterseffekt besonders betroffen. Denn die Bundesrepublik ist neben Italien das Land mit dem höchsten Durchschnittsalter in Europa.
Wie die Forscher betonen, stammt ein Großteil der für die Prognose genutzten Studien aus Westeuropa – womöglich können die Ergebnisse daher nicht eins zu eins auf osteuropäische Staaten übertragen werden. Der allgemeine Trend ist ihrer Ansicht nach dennoch deutlich: „Insgesamt zeichnet sich ein stetiger Anstieg aller Stadien der AMD in Europa bis 2050 ab“, resümiert das Team.
Herausforderung für Gesundheitssysteme
Die zunehmende Häufigkeit der Makuladegeneration erfordere künftig zusätzliche Ressourcen und Versorgungsangebote. „Dies sollte in den europäischen Gesundheitssystemen schon heute berücksichtig werden“, konstatieren die Wissenschaftler. Das Problem bei AMD: Die Erkrankung lässt sich bisher nicht heilen. Lediglich eine bestimmte Variante der Makuladegeneration kann durch spezielle Mittel zumindest aufgehalten werden. (British Journal of Ophthalmology, 2019; doi: 10.1136/bjophthalmol-2019-314422)
Quelle: BMJ