Medizin

Fettige Ernährung aktiviert Immunzellen

Fettreiche Kost vermehrt entzündungsfördernde Aktivität von Abwehrzellen im Bauchfett

fettreiche Kost
Fettreiche Kost lässt nicht nur die Fettpolster wachsen – sie fördert auch krankmachende Immunreaktionen. © bhofack2/ iStock.com

Schon wenige Wochen fettreicher Kost reichen offenbar aus, um in unserem Bauchfett ungesunde Immunprozesse in Gang zu setzen, wie eine Studie aufzeigt. Demnach bringt die hochkalorische Kost spezielle Abwehrzellen dazu, ins Fettgewebe einzuwandern und sich dort zu sammeln. Anschließend werden sie aktiviert und setzen vermehrt Botenstoffe frei, die im Extremfall den Stoffwechsel entgleisen lassen und Diabetes und andere Erkrankungen fördern.

Schon länger ist bekannt, dass vor allem ein Zuviel an Bauchfett ein erhöhtes Krankheitsrisiko mit sich bringt. Denn in diesem zwischen den Organen des Bauchraums angesammelten Fettgewebe finden Stoffwechselprozesse statt, die Entzündungen fördern und auf lange Sicht Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das metabolische Syndrom begünstigen können. Allerdings: Nicht jeder, der viel Bauchfett mit sich herumträgt, ist gleichermaßen anfällig für diese Folgen.

Bauchfett
Vor allem das Bauchfett gilt als gesundheitsschädlich. © amanaimages/ iStock.com

Abwehrzellen im Blick

Einen möglichen Grund dafür könnten nun Forschende um Susanne Stutte von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) entdeckt haben. Denn wie sie herausfanden, spielt eine besonders kalorien- oder fettreiche Ernährung eine wichtige Rolle für potenziell krankmachende Immunprozesse im Bauchfett. Schlüsselakteure dabei sind die sogenannten plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDCs).

Diese rundlichen Abwehrzellen reagieren normalerweise auf Viren und andere potenziell gefährliche Veränderungen, indem sie entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzen. „Die Bildung von plasmazytoiden dendritischen Zellen ist vorwiegend auf das Knochenmark beschränkt, von wo sie ins Blut und ins Lymphsystem auswandern und durch den Körper patrouillieren“, erklären die Wissenschaftler. Jüngste Studien haben jedoch gezeigt, dass diese Abwehrzellen auch ins Bauchfett einwandern können.

Wie genau dies abläuft und wie die Ernährung das Verhalten der pDC-Immunzellen beeinflusst, haben Stutte und ihr Team nun mit Mäusen näher untersucht. Dafür gaben sie Mäusen entweder normales oder aber fettreiches, hochkalorisches Futter und untersuchten nach drei Wochen mithilfe von Fluoreszenzmarkern und weiteren zellbiologischen Methoden, was sich im viszeralen Fett der Tiere tat.

Schwemme von Immunzellen im Bauchfett

Die Analysen enthüllten: Schon nach drei Wochen fettreicher Kost war nicht nur das Bauchfett der Mäuse angewachsen, in diesem Fettgewebe gab es auch auffallende immunologische Veränderungen. Wie das Team feststellte, wandern unter dem Einfluss der hochkalorischen Ernährung vermehrt pDC-Abwehrzellen in das viszerale Fett ein und sammeln sich dort in Lymphgewebe-ähnlichen Zellklumpen, sogenannten fettassoziierten lymphoiden Clustern (FALC), die immunologisch hoch aktiv werden können.

Bei den hochkalorisch ernährten Mäusen nahm die Zahl der pDC-Immunzellen in diesen lymphoiden Zellklumpen des Bauchfetts in kurzer Zeit um das mehr als Dreifache zu, wie das Forschungsteam feststellte. Auch in anderen Organen zeigte sich eine deutliche Anreicherung der dendritischen Abwehrzellen. „Unsere Untersuchung enthüllte eine systemische pDC-Reaktion mit erhöhten Zellzahlen in Blut, Leber, Milz, Knochenmark und viszeralem Fett bei fettreicher Ernährung“, so die Wissenschaftler.

Scanmodus und Botenstoff-Ausschüttung aktiviert

Doch das ist noch nicht alles: Unter dem Einfluss der fettreichen Kost wurden die normalerweise auf „Standby“ verharrenden pDC-Immunzellen auch aktiviert. „Die In-vivo-Bildgebung zeigte eine Beschleunigung im Wanderungstempo dieser Zellen nach einer fettreichen Mahlzeit“, berichtet das Team. „Das deutet darauf hin, dass sie von einem stationären Ruhemodus in den aktiven Scanning-Modus übergehen.“

Parallel dazu beginnen die Abwehrzellen damit, erheblich mehr Botenstoffe freizusetzen, darunter große Mengen des entzündungsfördernden Interferon-1. „Diese schnelle Interferon-1-Ausschüttung durch die pDC-Immunzellen ist charakteristisch für die frühe Reaktion des Körpers auf Störungen des Stoffwechsel-Gleichgewichts“, erklärt das Team. Hält dieser Prozess an, führt dies zu einer Deregulierung des Stoffwechsels, die Diabetes und ein metabolisches Syndrom zur Folge kann.

Tägliche Ernährung spielt eine Rolle

Diese Erkenntnisse legen nahe, dass nicht nur das Bauchfett als solches unser Immunsystem und unsere Gesundheit beeinflusst. Stattdessen spielt für seine Reaktion auch eine Rolle, was wir jeden Tag essen. „Diese zuvor unbekannte Modulation der pDC-Zellen durch eine fettreiche Kost wirft ein neues Licht darauf, wie unsere tägliche Ernährung die komplexe Wechselwirkung von Immunsystem und Fettgewebe beeinflusst“, konstatieren Stutte und ihre Kollegen.

Gleichzeitig jedoch könnten diese neuen Einblicke auch Anhaltpunkte für therapeutische Ansätze liefern. „Wenn man etwa verhindern könnte, dass pDCs ins Fett gelangen, könnte man möglicherweise auch die resultierenden Folgeerkrankungen verhindern“, erklärt Stuttes Kollegin Barbara Walzog. (The Journal of Immunology, 2022; doi: 10.4049/jimmunol.2100022)

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München

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