Folgenschwere Gasförderung: In unmittelbarer Nähe von Fracking-Anlagen kommen Babys häufiger mit einem geringen Geburtsgewicht auf die Welt. Eine US-amerikanische Studie zeigt: Betroffene Kinder haben ein um 25 Prozent erhöhtes Risiko, mit einem Gewicht von unter 2.500 Gramm geboren zu werden – ein deutlicher gesundheitlicher Nachteil. Vermutlich sind die bei der umstrittenen Methode freiwerdenden Chemikalien schuld an dem Effekt. Der genaue Verursacher sei jedoch noch unklar, schreiben die Forscher.
In den USA hat die Gasförderung durch das sogenannte Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, in den vergangenen Jahren einen gewaltigen Boom erlebt. Bei diesem Verfahren pressen Erdgasförderer einen Mix aus Wasser, Sand und Chemikalien in gashaltige Gesteinsschichten. Das Gestein bricht dadurch auf und so lassen sich auch ansonsten nicht lohnenswerte oder schwer zugängliche Gasvorkommen erschließen.
Doch die Methode ist umstritten – denn sie hat Folgen für Mensch und Umwelt. So steigt in der Nähe von Fracking-Gasbrunnen die Luftverschmutzung und es lassen sich giftige Dämpfe nachweisen. Gelangt Fracking-Flüssigkeit über Lecks ins Trinkwasser, kann das zudem womöglich den menschlichen Hormonhaushalt stören und dadurch beispielsweise die Spermienzahl bei Männern senken. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass es in der Nähe solcher Anlagen vermehrt zu Frühgeburten kommt.
Leichtere Babys
Wie sich Fracking auf Ungeborene im Mutterleib auswirkt, haben nun auch Wissenschaftler um Janet Currie von der Princeton University untersucht. Für ihre Studie verglichen sie Daten von über 1,1 Millionen Babys, die zwischen 2004 und 2013 im US-Bundesstaat Pennsylvania geboren wurden. Dabei werteten sie das Geburtsgewicht der Babys aus, schauten, wie weit entfernt deren Mütter von einem Fracking-Gasbrunnen lebten und ob dieser während der Schwangerschaft bereits in Betrieb gewesen war oder nicht.
Die Analyse ergab: Kinder, deren Mütter im Umkreis von einem Kilometer einer aktiven Anlage wohnten, kamen deutlich häufiger mit einem geringen Geburtsgewicht zur Welt. Ihr Risiko bei der Geburt weniger als 2.500 Gramm zu wiegen, war demnach 25 Prozent höher als bei rund drei Kilometer entfernt herangewachsenen Babys. Damit starten die Kinder mit einem gesundheitlichen Nachteil ins Leben: Wer klein und zierlich auf die Welt kommt, stirbt öfter an Kindstod und wird Untersuchungen zufolge auch in späteren Jahren häufiger krank.
Lokal begrenzt
„In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass Luftverschmutzung ungeborene Kinder im Mutterleib beeinflusst. Es ist daher nicht überraschend, dass auch Fracking negative Folgen für die Babys hat“, konstatiert Currie. Die einzige gute Nachricht sei, dass der Effekt lokal offenbar sehr begrenzt ist. So war das Risiko für die Ungeborenen in zwei Kilometern Entfernung bereits um ein Drittel bis die Hälfte geringer als bei Kindern im Umkreis von einem Kilometer. In drei Kilometern Entfernung war das Risiko relativ normal oder höchstens noch leicht erhöht, wie das Team berichtet.
Welche Stoffe verantwortlich für diesen Effekt sind und woher diese stammen, ist jedoch noch völlig unklar: Diverse Fracking-Chemikalien in der Luft oder in kontaminiertem Wasser könnten die Babys ebenso beeinträchtigen wie schlicht ein erhöhtes Verkehrsaufkommen durch die industrielle Aktivität.
„Schwierige Entscheidung“
„Solange wir nicht wissen, was die schädliche Quelle ist und wie wir sie eindämmen können, stehen die lokalen Entscheidungsträger weiterhin vor einer schwierigen Wahl“, sagt Mitautorin Katherine Meckel von der University of California in Los Angeles. „Erlauben sie die Gasförderung trotz der gesundheitlichen Gefahren, um die Wirtschaft anzukurbeln – oder verbieten sie sie und verzichten damit auf zahlreiche Einnahmen und neue Jobs für die Bevölkerung?“ Erst kürzlich hatten Currie und ihre Kollegen herausgefunden, dass ein Fracking-Standort jedem Haushalt in der Nähe finanzielle Vorteile von im Schnitt rund 1.900 US-Dollar pro Jahr einbringt. (Science Advances, 2017; doi: 10.1126/sciadv.1603021)
(Princeton University/ American Association for the Advancement of Science, 14.12.2017 – DAL)