Kontaminiert: Wer seinen Hund mit rohem Fleisch oder Rohfleischfutter füttert, der geht ein Risiko ein – auch für sich selbst. Denn wie eine Studie enthüllt, sind viele in Deutschland und der Schweiz verkaufte Rohfleischfutter mit krankmachenden und resistenten Bakterien verseucht, darunter auch Salmonellen. Über Futter, Kot und den Kontakt mit dem Hund können diese Keime leicht auf den Menschen übertragen werden, warnen die Forscher.
Katzen und Hunde sind unsere beliebtesten Haustiere – und ähnlich wie wir ernähren sich unsere treuen Begleiter keineswegs immer gesund. Viele Haustiere werden viel zu reichlich gefüttert, zudem können Trockenfutter und Futterkonserven Schadstoffe wie Schwermetalle, Umwelthormone und auch Pestizide enthalten, wie Studien nachgewiesen haben. Viele Hundebesitzer entscheiden sich deshalb dafür, ihren Vierbeinern rohes Fleisch oder sogenannte Rohfleisch-basierte Futtermittel zu geben – als vermeintlich gesündere und artgerechtere Alternative.
41 Rohfleischfutter für Hunde im Test
Doch wie gesund ist das Rohfleischfutter tatsächlich? Das haben nun Magdalena Nüesch-Inderbinen und ihre Kollegen von der Universität Zürich untersucht. Ihr Verdacht: Weil diese Futtermittel aus Schlachtabfällen hergestellt und nicht gekocht oder pasteurisiert werden, könnten sie mit gesundheitsschädlichen Keimen wie Salmonellen, Enterobacter und anderen Erregern kontaminiert sein. „Rohes, im Laden verkauftes Fleisch wurde schon häufiger als Quelle für eine Ansteckung mit antibiotikaresistenten Bakterien identifiziert“, berichten die Forscher.
Für ihre Studie kaufte das Team im Herbst 2018 47 verschiedene Rohfleischfutter für Hunde von acht Lieferanten sowohl in Läden für Tierbedarf als auch in Internetshops. 31 dieser Futter enthielten Fleisch aus der Schweiz, 20 Proben waren mit Fleisch deutscher Herkunft hergestellt. Die Fleischsorten reichten von Rind, Huhn, Ente und Lamm bis zu Strauß, Elch und Pangasius. Die Forscher analysierten alle Futterproben auf das Vorkommen von Salmonellen, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae und resistenter Enterobakterien.
Fast drei Viertel sind verseucht
Das Ergebnis: Fast drei Viertel – 72,5 Prozent – der Futterproben enthielten mehr Enterobakterien als von den EU-Richtlinien zugelassen. Zwei Proben – ein Futter mit Lammfleisch und eines mit Pute – waren mit Salmonellen verseucht. „Die Bedeutung dieser Funde sollte nicht unterschätzt werden, denn Salmonellen sind für anfällige Personen wie Kleinkinder, Schwangere, Ältere und immungeschwächte Menschen ein schweres Gesundheitsrisiko“, betonen Nüesch-Inderbinen und ihre Kollegen.
Ebenfalls bedenklich: In 62 Prozent der Rohfleischfutter fanden die Forscher antibiotikaresistente Bakterien, darunter auch die wegen ihrer Mehrfach-Resistenzen gefürchteten ESBL-Keime. „Rohfleischfutter, das mit ESBL-Keimen kontaminiert war, haben wir in Produkten aller acht Lieferanten nachgewiesen, der Befall variierte dabei zwischen 25 Prozent der Produkte und 100 Prozent“, berichten die Wissenschaftler.
Extreme Vorsicht beim Füttern geboten
Nach Ansicht der Forscher stellen Tierfutter aus Rohfleisch damit ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar – für Hund und Mensch. „Dass wir bei über 60 Prozent der Proben ESBL-bildende Bakterien gefunden haben, ist wirklich erschreckend“, sagt Nüesch-Inderbinen. „Darunter waren auch einige Escherichia coli-Typen, die bei Menschen und Tieren Infektionen auslösen können.“ In zwei Proben enthielten diese Darmkeime sogar das Colistin-Resistenzgen mcr-1, das erst vor wenigen Jahren in China nachgewiesen wurde und die Mikroben auch gegen das Reserveantibiotikum Colistin immun macht.
Die Forscher empfehlen allen Hunde- und Katzenbesitzern, die ihre Tiere mit rohem Fleisch oder Rohfleischfutter füttern, besonders stark auf eine gute Hygiene zu achten. Denn beim Kontakt mit dem Futter, aber auch mit Speichel, Schnauze oder Kot der Hunde und Katzen, können die Krankheitserreger leicht auf den Menschen übergehen. „Die Tierhalter sollten sich des Risikos bewusst sein, dass ihr Tier vielleicht multiresistente Bakterien in sich trägt und diese verbreiten kann“, so Nüesch-Inderbinen.
Die Wissenschaftler fordern zudem eine bessere Aufklärung der Öffentlichkeit über diese potenzielle Ansteckungsgefahr. (Royal Society Open Science, 2019; doi: 10.1098/rsos.191170)
Quelle: Royal Society Open Science