Schmerzgedächtnis blockiert: Forscher haben einen entscheidenden Akteur für die Entstehung chronischer Schmerzen identifiziert. Blockiert man ein im Rückenmark produziertes Enzym rechtzeitig, kann akuter Schmerz nicht ins Schmerzgedächtnis übergehen – der chronische Schmerz bleibt aus, wie Tests mit Mäusen ergaben. Dieser Ansatz eröffnet damit die Chance, chronische Schmerzen zu verhindern, bevor sie entstehen, wie das Team im Fachmagazin „Science Advances“ berichtet.
Etwa 1,5 Millionen Menschen weltweit leiden unter chronischen Schmerzen. Bei ihnen hat sich der als Warnsignal wichtige akute Schmerz verselbstständigt und hält nun weiter an, obwohl die ursprüngliche Ursache behoben ist. Schon länger ist bekannt, dass der Grund dafür im sogenannten Schmerzgedächtnis liegt: Anhaltende Veränderungen im Zellstoffwechsel, der Signalleitung und der Aktivität von Nervenzellen im Rückenmark und Gehirn sorgen für eine Überempfindlichkeit, durch die eigentlich harmlose Reize Schmerzen auslösen.
Das Problem: Ist der chronische Schmerz einmal etabliert, lässt er sich nur schwer wieder beseitigen. Schmerzmittel helfen meist kaum und können das Schmerzgedächtnis in manchen Fällen sogar verfestigen. „Chronischer Schmerz bleibt daher beklagenswert unterbehandelt“, sagen Yannick Fotio von der University of California in Irvine und seine Kollegen. Einer der Gründe dafür ist ein zu geringes Wissen darüber, wie die Chronifizierung des Schmerzes auf molekularer Ebene abläuft.
Rückenmarks-Enzym als „Schuldiger“
Einen entscheidenden Akteur dieses Übergangs vom akuten zum chronischen Schmerz haben Fotio und sein Team nun aufgedeckt. Durch Experimente mit Mäusen fanden sie heraus, dass ein im Rückenmark produziertes Enzym dazu beiträgt, das normalerweise schnelle Abklingen akuter Schmerzen zu blockieren. Für ihre Studie fügten sie Mäusen durch einmaliges Auftragen von Formalin auf die Hinterpfote oder vorübergehendes Einengen des Ischiasnervs kurzzeitige akute Schmerzen zu.