Tief verwurzelt: Der Sinn für Religion und Spiritualität ist offenbar tief in unserem Gehirn verwurzelt. Denn ein dafür wichtiges Zentrum haben Forscher nun im Hirnstamm lokalisiert – einem evolutionär sehr alten Hirnteil. Wurde dieses Areal bei Gehirnoperationen verletzt, verringerte oder verstärkte dies je nach betroffenem Bereich die religiösen Gefühle der Patienten. Die Spiritualität könnte demnach eng mit grundlegenden neurobiologischen Funktionen verknüpft sein.
Gibt es eine biologische Basis für Religion und Spiritualität? Diese Frage diskutiert die Wissenschaft schon seit Jahrhunderten. Dank moderner Bildgebungsverfahren scheint zumindest klar, dass Meditation und Religion unser Gehirn sogar messbar prägen können, beispielsweise durch Einfluss auf Emotionszentren und den Belohnungsschaltkreis. Umgekehrt gibt es einige Indizien dafür, dass bestimmte Hirnverletzungen oder epileptische Anfälle quasi-religiöse Visionen hervorrufen können.
Gehirn-Operationen helfen bei der Kartierung
Solche Extreme klären aber nicht die Frage, ob sich auch die „normale“ Spiritualität und Religion irgendwo in unserem Gehirn verorten lässt. Auf der Suche nach einer Antwort haben nun Michael Ferguson vom Brigham and Women’s Hospital in Boston und sein Team die Chance genutzt, bei 88 neurochirurgischen Patienten eine Art Vorher-Nachher Vergleich durchzuführen. Wegen eines Hirntumors mussten den Betroffenen unterschiedliche Teile des Gehirns entfernt werden.
Für ihre Studie unterzogen die Wissenschaftler alle Patienten sowohl vor der Operation als auch nachher einer ausführlichen Befragung zu ihrer Religiosität und spirituellen Gefühlen und Vorstellungen. Dann prüften sie, ob und wie sich die Ergebnisse durch die Verletzung bestimmter Hirnareale veränderten.