Biotechnologie

Genmanipulierte Bierhefe produziert Opiate

Produktion von Opium und Co durch Mikroorganismen wird erstmals möglich

Bisher ist der Schlafmohn die Hauptquelle für Opioide - für die Medizin, aber auch für Drogen © gemeinfrei

Opiode selbstgebraut: Künftig könnte man Opioid-Schmerzmittel – aber auch opiumhaltige Drogen – einfach von genmanipulierter Bierhefe produzieren lassen, statt sie aus Schlafmohn zu gewinnen. Denn Forschern ist es gelungen, nun auch die ersten Schritte der komplexen Reaktionskette hin zu Opioiden von Hefen durchführen zu lassen. Das ist für die Medizin ein Durchbruch, weckt aber auch die Besorgnis über Drogen aus dem Heimlabor, wie die Forscher im Fachmagazin „Nature Chemical Biology“ berichten.

Die aus den Kapseln des Schlafmohns gewonnenen Opioide gehören zu den ältesten Schmerzmitteln der Menschheit. Auch heute noch setzt man verschiedenste chemische Abkömmlinge des Opiums ein – beispielsweise in Form von Morphinen, um Schmerzen zu lindern, als Kodein in Hustenmitteln oder als Arzneimittel-Grundstoff. Entsprechend hoch ist der Bedarf: Allein um die globale medizinische Nachfrage an Morphin zu decken, müssen hunderttausende Tonnen Mohn jährlich verarbeitet werden. Bisher gab es zum Mohn jedoch keine Alternative.

Doch schon vor einigen Monaten war es Forschern gelungen, Hefezellen gentechnisch so zu verändern, dass sie aus einer Vorläufer-Substanz Morphin und andere Opioide produzieren. Es fehlte aber noch der erste Teil der komplexen 15-schrittigen Reaktionskette, um die für die Medizin so unverzichtbaren Opioide erstmals unabhängig vom Schlafmohn erzeugen zu können.

Bierhefe statt Schlafmohn

Genau dieser Schritt ist William DeLoache von der University of California in Berkeley und seinen Kollegen nun gelungen. Für ihre Studie bauten sie in die Bierhefe Saccharomyces cerevisiae Gene ein, die die Hefe dazu brachten, spezielle Enzyme zu produzieren. Diese Enzyme ermöglichten die Umwandlung von simplem Traubenzucker zum Neurotransmitter Domain und dann über weitere Schritte in S-Reticulin, ein Zwischenprodukt der Reaktionskette zu Opioiden.

Die Gelbfärbung zeigt an, dass die Hefe auf dem Nährmedium die gewünschten Reaktionschritte durchführt. © William DeLoache/ UC Berkeley

„Mit unserer Studie sind nun alle Schritte beschrieben – jetzt muss man sie nur noch zusammenfügen und den Prozess auf großtechnische Maßstäbe hochskalieren“, sagt Seniorautor John Dueber von der University of California in Berkeley. Das könnte innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre passieren, schätzt der Forscher.

Drogen aus der heimischen Küche?

Damit aber wächst auch die Sorge, dass dann der Weg frei sein könnte zur selbstgebrauten Droge aus der heimischen Küche. „Im Prinzip könnte dann jeder mit Zugang zu diesem Hefestamm und grundlegenden Kenntnissen der Fermentation die morphinproduzierende Hefe zuhause züchten“, warnen Kenneth Oye vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) und seine Kollegen in einem begleitenden Kommentar.

Auch DeLoache und Dueber sehen diese Gefahr und fordern, dass Gesetzgeber und Behörden sich schon jetzt darauf vorbereiten. „Wenn das Wissen darüber, wie man diesen Hefestamm erzeugt, erst einmal verbreitet ist, dann kann jeder, der grundlegende molekularbiologische Kenntnisse hat, ihn theoretisch herstellen“, so Dueber.

Die Forscher empfehlen daher, den Zugang zu den genmanipulierten Hefestämmen zu überwachen und ihn nur an lizensierte Labors und Forscher abzugeben. Auch die Firmen, die DNA-Schnipsel für gentechnische Anwendungen herstellen und verkaufen, müssten dann wachsam sein und dürften bestimmte Sequenzen nicht mehr an jeden Beliebigen verkaufen. „Solche Restriktionen gibt es schon für Sequenzen, die mit Pocken und anderen Krankheitserregern verknüpft sind“, erklärt DeLoache. (Nature Chemical Biology, 2015; doi: 10.1038/nchembio.1816)

(Nature, 19.05.2015 – NPO)

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