Genetik

Genschere CRISPR heilt Ungeborene

Forscher behandeln Erbkrankheit bei Mäuseföten im Mutterleib

Kann die Genschere CRISPR Erbkrankheiten künftig bereits im Mutterleib behandeln? © Wildpixel/ iStock.com

In utero: Forscher haben die Genschere CRISPR zum ersten Mal pränatal eingesetzt. Sie korrigierten mithilfe einer modifizierten Variante dieses Werkzeugs einen Erbgutdefekt bei ungeborenen Mäusen. Damit steigt die Hoffnung, dass angeborene Krankheiten eines Tages bereits im Mutterleib erfolgreich behandelt werden könnten. Ein Einsatz des Verfahrens beim Menschen sei aber noch in weiter Ferne, betont das Team im Fachmagazin „Nature Medicine“.

Die Genschere CRISPR gilt als Durchbruch für die Gentherapie. Denn mit diesem Werkzeug lassen sich Mutationen im Erbgut einfacher und gezielter reparieren als zuvor. Forscher haben es unter anderem bereits genutzt, um eine Alzheimer-Mutation in menschlichen Zellen zu korrigieren und die erblich bedingte Muskeldystrophie Duchenne bei Mäusen zu behandeln. Inzwischen wird die Methode sogar bereits in ersten klinischen Studien erprobt.

Angeborene Krankheit

Ein weiterer Erfolg ist nun Wissenschaftlern um William Peranteau vom Children’s Hospital of Philadelphia gelungen: Sie haben die Genschere zum ersten Mal pränatal eingesetzt – und so eine Erbkrankheit bereits bei ungeborenen Säugetieren im Mutterleib geheilt. Konkret behandelte das Forscherteam Mäuse mit einer Mutation im sogenannten FAA-Gen. Dieser Gendefekt verursacht die Stoffwechselerkrankung Tyrosinämie Typ 1.

Die Erbkrankheit zeichnet sich durch eine Anreicherung schädlicher Stoffwechselprodukte aus, die zu schweren Schäden an Nieren und Leber führt. Sie kann zwar durch Medikamente und eine strenge Diät behandelt werden. Doch nicht immer ist diese Therapie von Erfolg gekrönt – ohne eine rettende Lebertransplantation droht Patienten im Extremfall der Tod.

Chemische Veränderungen

Für ihre Studie verwendeten Peranteau und seine Kollegen eine modifizierte Version der Genschere CRISPR/ Cas9 und nutzten diese, um ein bestimmtes Enzym zielgerichtet in Leberzellen von Mäuseföten einzuschleusen. An der von der krankmachenden Mutation betroffenen Stelle im Erbgut angekommen, führte dieses Enzym dann chemische Veränderungen an der DNA-Sequenz durch: Es wandelte eine Nukleinbase in eine andere um.

Anders als beim herkömmlichen CRISPR-Verfahren wurde das DNA-Molekül dabei nicht vollständig zerschnitten, wie die Forscher betonen. Dadurch sei die Gefahr von unerwünschten Mutationen deutlich geringer.

Prinzipiell machbar

Nach der Geburt der Mäuse zeigte sich: Die behandelten Nager trugen eine stabile Anzahl reparierter Leberzellen in sich und hatten als Folge weniger Beschwerden. Demnach war sowohl die Leberfunktion als auch die Überlebensrate deutlich verbessert und es gab keine Anzeichen für Nebenwirkungen. Zudem waren die mit der Gentherapie behandelten Mäuse den Wissenschaftlern zufolge gesünder als Artgenossen, die die medikamentöse Standardtherapie erhielten.

Damit scheint nun klar: Ein pränataler Einsatz der Genschere ist prinzipiell machbar. Nicht nur die Tyrosinämie, auch andere bereits während der Schwangerschaft feststellbare Krankheiten könnten in Zukunft mithilfe dieser Methode geheilt werden, wie Peranteau berichtet: „Wir hoffen, unseren Ansatz auf viele angeborene Leiden ausweiten zu können, die mit schweren Komplikationen in der Kindheit einhergehen oder sogar tödlich sind.“

Weitere Forschung nötig

Noch ist viel Forschung nötig, um das Verfahren eines Tages beim Menschen zur Anwendung bringen zu können. „Trotzdem freuen wir uns über das große Potenzial für die Therapie genetischer Erkrankungen der Leber und anderer Organe, für die es bisher nur wenige therapeutische Optionen gibt“, schließt Peranteau. (Nature Medicine, 2018)

(Children’s Hospital of Philadelphia, 09.10.2018 – DAL)

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