Hoffnung für Gelähmte: Eine Gentherapie hat Mäuse mit durchtrenntem Rückenmark wieder zum Laufen gebracht. Möglich wurde dies durch einen speziell entwickelten Botenstoff, der das Wachstum der Nervenfortsätze im Stammhirn und Rückenmark aktivierte. Nach wenigen Wochen begannen die Mäuse wieder zu laufen. Ob diese Therapie auch bei länger zurückliegenden Rückenmarksschäden und beim Menschen funktioniert, muss aber noch untersucht werden.
Wenn das Rückenmark durch einen Unfall durchtrennt oder schwer geschädigt wird, ist dies normalerweise irreparabel – eine Querschnittslähmung ist die Folge. Denn anders als andere Gewebe wachsen die Nervenfortsätze (Axone) des Zentralnervensystems nicht nach. Allerdings gibt es erste Ansätze, diese Wachstumsblockade zu umgehen, unter anderem durch die Injektion von Stammzellen, durch eine elektrodengestützte Überbrückung oder auch durch eine Kombination aus Elektrostimulation und Training, die das Wachstum von „Umleitungen“ anregen sollen.
Designer-Molekül gegen die Wachstumsblockade
Einen anderen Therapieansatz haben Forscher um Marco Leibinger von der Ruhr-Universität Bochum verfolgt: Sie haben nach Möglichkeiten gesucht, die Wachstumsblockade der Nerven durch eine Gentherapie aufzuheben. Aus früheren Studien ist bekannt, dass den Axonen des Zentralnervensystems bestimmte Rezeptoren fehlen, an die wachstumsfördernde Botenstoffe andocken können. Zudem sind in ihnen Hemmstoffe aktiv, die die Regeneration zusätzlich blockieren.
Um dies zu ändern, haben die Forscher zunächst ein Designer-Molekül entwickelt, das den wachstumsfördernden Botenstoff Interkeukin-6 mitsamt seines Rezeptors enthält. Diese Kombination ermöglicht es dem Botenstoff, auch an die Neuronen des Zentralnervensystems zu binden. „Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes Designer-Zytokin, das bedeutet, es kommt so in der Natur nicht vor und musste gentechnologisch hergestellt werden“, erklärt Leibingers Kollege und Seniorautor Dietmar Fischer.