Medizin

Grüner Tee bremst Chorea Huntington

Substanz verhindert tödliche Verklumpung von Protein

Grüner Tee kann offenbar den Ausbruch der Erbkrankheit Chorea Huntington verzögern. Wie eine Forschergruppe auf einer internationalen Konferenz zu neurodegerativen Erkrankungen in Berlin berichtete, verringert die im Tee vorhandene Substanz Epigallocatechin-3-gallate (EGCG) die Entstehung der tödlichen Eiweißablagerungen.

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Dagmar E. Ehrnhoefer aus der Forschungsgruppe von Professor Erich Wanker vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch berichtete auf der internationalen Konferenz „Neurodegenerative Diseases: Molecular Mechanisms in a Functional Genomics Framework“ in Berlin über Versuche im Reagenzglas, bei denen Epigallocatechin-3-gallate (EGCG) zu einem sehr frühen Zeitpunkt, während sich die Ablagerungen bilden, die Verklumpung des Huntingtin-Proteins bremste. Auch reduzierte sich der Vergiftungsgrad von Zellkulturen. Bei transgenen Fliegen, die das Huntington-Gen tragen, verbesserte sich außerdem die Beweglichkeit, wenn sie mit der grünen Tee-Substanz gefüttert wurden.

Die Forschungsarbeit hat das Journal Human Molecular Genetics jetzt veröffentlicht. Wanker und seine Mitarbeiter hoffen, dass diese Erkenntnisse Ausgangspunkt für die Entwicklung einer medikamentösen Therapie für Chorea Huntington und verwandte Krankheiten sein kann.

Falsch gefaltete Proteine als Ursache

Chorea Huntington gehört mit Alzheimer und Parkinson zur Familie der neurodegenerativen Leiden, deren Ursache falsch gefaltete Proteine sind. Heftige, unkontrollierte Bewegungen, ein torkelnder Gang und Grimassenschneiden haben der Huntington´schen Krankheit ihren Namen gegeben: „Veitstanz“. Ihr wissenschaftlicher Name Chorea (altgriech. für Tanz) Huntington geht auf den amerikanischen Arzt George Huntington zurück, der sie 1872 als Erster beschrieben hat. Die unheilbare Krankheit ist genetisch bedingt und tritt mit einer Häufigkeit von 1 zu 15.000 auf. In Deutschland sind derzeit 8.000 Fälle bekannt, in den USA 30.000.

Erbt ein Kind ein mutiertes Huntington-Gen von einem betroffenen Elternteil, bricht die Krankheit unweigerlich meist zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr aus. Dabei gehen zunehmend Nervenzellen in den Hirnarealen zugrunde, die für Bewegung, Gedächtnis und Gefühl zuständig sind. Zehn bis 30 Jahre nach Ausbruch führt Chorea Huntington zum Tod.

Verklumpungsprozess gebremast

1993 entdeckten Forscher das Gen, das für das Protein Huntingtin kodiert. Dieses Protein löst die Krankheit aus. Es setzt sich in den Zellkernen von Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn ab. 1997 konnte Wanker zeigen, dass diese Ablagerungen oder Aggregate aus fehlgefalteten Huntingtin-Molekülen bestehen. In den Eiweißfabriken der Nervenzellen Betroffener werden zu viele Glutamin-Bausteine in die Aminosäuresequenz des Huntingtin eingefügt. Durch die dadurch entstehenden überlangen Polyglutaminketten verliert das Eiweiß seine normale Struktur und kann nicht mehr abgebaut werden. Die Forscher gehen davon aus, dass diese Eiweißklumpen die Nervenzellen vergiften.

Nach den Erkenntnissen von Dagmar Ehrnhoefer und Wanker bremst jedoch die Substanz Epigallocatechin-3-gallate (EGCG) aus grünem Tee diesen Verklumpungsprozess. Die Arbeitsgruppe hofft, dass diese Erkenntnisse Ausgangspunkt für die Entwicklung einer medikamentösen Therapie für Chorea Huntington und ähnliche Krankheiten ist, bei denen fehlgefaltete Eiweiße auftreten.

Auf der viertägigen Konferenz, die am 6. September in Berlin-Buch begann, diskutieren rund 200 Genomforscher und Kliniker aus Kanada, Europa, Japan und den USA neueste Erkenntnisse über neurodegenerative Erkrankungen, die mit Hilfe der Gen- und Proteinforschung erzielt worden sind. Organisatoren der Konferenz unter dem Dach des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN), das vom Bundesforschungsministerium gefördert wird, sind das MDC, die Charité -Universitätsmedizin Berlin und die Universität Bonn.

(Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch, 11.09.2006 – NPO)

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