Die eine hilft bei der Herstellung von Lebensmitteln, die andere macht krank – so zumindest dachte man bislang. Doch nun haben sich zwei vermeintlich unterschiedliche Hefearten als ein dieselbe Spezies entpuppt. Dieses überraschende Ergebnis einer Genanalyse bedeutet: Ein bisher in der Industrie vielfach eingesetzter Hefepilz kann unter Umständen Infektionen auslösen. Gefährlich ist er vor allem für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem, wie die Forscher berichten.
Hefepilze können extrem nützlich sein: Schon seit Jahrhunderten verwendet der Mensch die Mikroorganismen, um Lebensmittel herzustellen – und zwar nicht nur Bier. Die Hefeart Pichia kudriavzevii beispielsweise wird für die Produktion von Kakao, Maisgetränken und fermentierten Milcherzeugnissen wie Kefir genutzt. Außerdem kommt sie immer häufiger bei der Produktion von hochwertigen Chemikalien und Bioethanol zum Einsatz.
Doch nicht alle Arten sind so wertvoll wie diese Hefe. Im Gegenteil: Viele Hefepilze lösen unter bestimmten Umständen Krankheiten aus. Dies trifft auch auf die eng mit P. kudriavzevii verwandte Spezies Candida krusei zu. Sie kann vor allem Menschen mit ohnehin geschwächtem Immunsystem schwer krankmachen und ist gegen etliche gängige Antipilzmittel bereits resistent.
Fast vollkommen identisch
Wissenschaftler um Alexander Douglass vom University College in Dublin haben sich diese beiden verwandten, aber in ihrer Wirkung vermeintlich doch so unterschiedlichen Hefepilzarten nun genauer angesehen. Sie wollten wissen: Wie unterscheiden sich die beiden Spezies genetisch voneinander?
Um dies herauszufinden, sequenzierten sie das Erbgut von insgesamt 30 Stämmen dieser Hefepilze – und machten eine überraschende Entdeckung. Den Ergebnissen zufolge sind die beiden Hefen offenbar mehr als nur enge Verwandte: 99,6 Prozent ihrer DNA-Sequenzen sind vollkommen identisch. Das bedeutet, dass es sich bei dem bei Erkrankten vorkommenden und dem in der Industrie genutzten Pilz um ein und dieselbe Art handeln muss.
Ein Pilz, zwei Namen
Doch nicht nur das: Beide Hefen zeigen zudem ein ähnliches Maß an Resistenz gegenüber Medikamenten. Für die Forscher ist damit klar, dass auch die industriellen Hefestämme beim Menschen Infektionen auslösen können – Infektionen, die womöglich nur schwer mit Arzneimitteln zu behandeln sind.
„Angesichts unserer neuen Erkenntnisse könnte es ratsam sein, künftig andere, nicht krankmachende Pichia-Spezies zu nutzen“, konstatiert Douglass. „Würde ich den bekannten Krankheitserreger Candida albicans verwenden, um Lebensmittel herzustellen, würde ich sofort gestoppt werden“, ergänzt sein Kollege Ken Wolfe. „Doch bei dem resistenten Candida krusei tut das niemand – denn Lebensmittelhersteller kennen ihn unter einem anderen Namen.“
Die Forscher fordern nun, dass Biotechnologen und Mediziner den Hefepilz unter einer einheitlichen Bezeichnung verwenden und bei seiner Erforschung künftig eng zusammenarbeiten. (PLOS Pathogens, 2018; doi: 10.1371/journal.ppat.1007138)
(PLOS, 23.07.2018 – DAL)