Mehr Krebs bei Millennials: Die Diagnose Krebs trifft immer häufiger jüngere Menschen der Nach-Babyboomer-Generationen, wie eine große US-Studie bestätigt. Demnach sind die Erkrankungsraten für 17 von 34 Krebsarten im Laufe der Generationen immer weiter angestiegen. So erkranken Millennials zwei- bis dreimal so häufig an Bauchspeicheldrüsen-, Nieren- und Dünndarmkrebs als die Babyboomer-Generation. Auch Leberkrebs, Brustkrebs und Dickdarmkrebs sind bei den jüngeren Generationen häufiger, wie das Team in „The Lancet Public Health“ berichtet. Was aber ist der Grund für diese Krebszunahme?
Bislang galt Krebs als Krankheit des Alters, denn Tumore entwickeln sich oft erst Jahrzehnte nach der auslösenden Schädigung von Zellen und DNA durch Umwelteinflüsse oder Mutationen. Die meisten Früherkennungs-Maßnahmen werden deshalb erst ab 50 Jahren aufwärts durchgeführt. Doch im Jahr 2023 deckte eine globale Studie einen alarmierenden Trend auf: Inzwischen erkranken auch jüngere Menschen zunehmend häufiger an Krebs. Vor allem Brustkrebs, Lungenkrebs und Darmkrebs, aber auch Prostatakrebs und Nasen-Rachenkrebs haben bei Menschen unter 50 Jahren zugenommen.
Teils drastische Zunahme bei Gen X und Millennials
Jetzt präzisiert eine große US-Studie diesen Trend und zeigt für 34 Krebsarten auf, welche Generationen in welchem Maße betroffen sind. Dafür wertete das Team um Hyuna Sung von der American Cancer Society in Atlanta die Krankenakten von 23,6 Millionen US-Krebspatienten im Alter von 25 bis 84 Jahren aus, die im Zeitraum von 2000 bis 2019 ihre Diagnose erhalten hatten. Für diese Menschen errechneten die Forschenden die jahrgangsspezifischen Krebsraten in Fünfjahresschritten.
Das Ergebnis: Im Verlauf der letzten Generationen hat sich die Krebsrate teils drastisch erhöht. Je später der Geburtsjahrgang, desto höher die Häufigkeit für 17 von 34 Krebsarten, wie das Team ermittelte. So erkranken die ab 1990 geborenen Millennials beispielsweise zwei- bis dreimal häufiger an Bauchspeicheldrüsenkrebs, Dünndarmkrebs oder Nierenkrebs als die um 1955 geborene Babyboomer-Generation. Aber auch Leberkrebs, Brustkrebs, Dickdarmkrebs oder Blasen- und Eierstückkrebs treffen heute immer häufiger jüngere.
Tumore in immer jüngerem Alter
„Diese Ergebnisse stützen die zunehmenden Belege für das gestiegene Krebsrisiko bei Post-Babyboomer-Generationen“, sagt Sung. Millennials erkranken demnach je nach Krebsart zwischen zwölf bis 167 Prozent häufiger an Krebs als frühere Generationen. Das bedeutet auch, dass einige Krebsarten inzwischen schon im jüngeren und mittleren Alter zwischen 30 und 54 Jahren auftreten. Dazu gehören Dickdarmkrebs, Magenkrebs und bei Frauen Eierstockkrebs und Gebärmutterkrebs.
Es gibt aber auch Krebsarten, die heute seltener geworden sind und deren Risiko bei jüngeren Generationen abgenommen hat. Dazu gehören vor allem Krebsarten wie Lungenkrebs, die mit dem Rauchen zusammenhängen, aber auch die durch das Humane Papillomavirus ausgelösten Tumore des Gebärmutterhalses und im Hals-Rachen-Raum. Bei diesem hat die seit 1990 eingeführte HPV-Impfung die Fallzahlen deutlich verringert, wie das Team berichtet.
Ist die Lebensweise schuld?
Aber warum sind die jüngeren Generationen stärker von so vielen Krebsarten betroffen? Diese Frage können auch Sung und ihr Team bisher nur in Teilen beantworten. „Bisher haben wir keine eindeutige Erklärung dafür, warum die Raten steigen“, so die Forschenden. „Aber die steigenden Krebsraten der jeweils jüngeren Generationen deuten darauf hin, dass es in der frühen Kindheit oder im jungen Erwachsenenalter dieser Generationen eine erhöhte Belastung mit krebserregenden Faktoren gegeben haben muss.“
Eine mögliche Ursache könnten Veränderungen der Lebensweise und Gesundheit sein: „Zehn der 17 Krebsarten mit zunehmender Häufigkeit bei jüngeren Jahrgängen sind eng mit Übergewicht verknüpft“, erklärt das Team. Dazu gehören Darm- und Magenkrebs, aber auch Bauchspeicheldrüsenkrebs, Leberkrebs sowie Tumore von Blase und Nieren oder bestimmte Brustkrebsarten. Auch eine fleischreiche Ernährung gilt als Risikofaktor für viele dieser Krebsarten.
Nach Ansicht des Forschungsteams könnte die Zunahme der Krebsraten bei Jüngeren daher zumindest zum Teil mit der Zunahme von Übergewicht und Adipositas in diesen Generationen verknüpft sein. Denn gerade bei Millennials und anderen Post-Babyboomer-Generationen hat beispielsweise die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Übergewicht und beginnenden Stoffwechselerkrankungen deutlich zugenommen.
Sorge um künftige Generationen?
Dennoch: Bisher können die Wissenschaftler nur darüber spekulieren, was diesen Anstieg der Krebsfälle verursacht. Hier seien dringend weitere Daten nötig – auch, um die künftige Entwicklung abschätzen zu können. Denn bisher ist unklar, ob dieser Trend weiter anhält und beispielsweise die Gen Z ebenfalls früher und häufiger an Krebs erkranken wird als ihre Vorgängergenerationen.
„Unsere Daten unterstreichen die dringende Notwendigkeit, die Risikofaktoren für diese Krebszunahme zu identifizieren, damit wir Präventions-Strategien entwickeln können“, sagt Seniorautor Ahmedin Jemal von der American Cancer Society. Denn schon jetzt habe die steigende Zahl der Krebsfälle bei jungen Erwachsenen Folgen nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für die Gesellschaft und das Gesundheitssystem. (The Lancet Public Health, 2024; doi: 10.1016/S2468-2667(24)00156-7)
Quelle: American Cancer Society