Medizin

Impfung gegen Chlamydien in Sicht?

Erstes Vakzin gegen die sexuell übertragbare Infektion bewährt sich in Phase-1-Studie

Impfung
Gibt es demnächst eine Impfung gegen Chlamydien? © Marian Vecjcik/ iStock.com

Wichtiger Schritt im Kampf gegen Geschlechtskrankheiten: Forscher haben erstmals einen Impfstoff gegen Chlamydien erfolgreich in einer sogenannten Phase-1-Studie getestet. Im Versuch mit gesunden Studienteilnehmerinnen zeigte sich, dass das Vakzin das Immunsystem aktiviert und offenbar gut verträglich ist. Weitere Studien müssen nun jedoch noch überprüfen, ob der Wirkstoff tatsächlich einen ausreichenden Impfschutz gegen die weit verbreitete bakterielle Infektion aufbauen kann.

Infektionen mit Chlamydien gehören zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheiten (STIs) weltweit – auch in Europa sind die Erreger weit verbreitet. Werden sie rechtzeitig erkannt, können Chlamydien mithilfe von Antibiotika gut behandelt werden. Das Tückische aber: Bei Dreiviertel der Infektionen zeigen sich keine Symptome, sodass die Erkrankung unbemerkt bleibt – und genau das macht sie so problematisch.

Denn ohne entsprechende medikamentöse Behandlung droht Männern, weitaus häufiger aber Frauen die Unfruchtbarkeit, wenn die Erreger im Körper aufsteigen und die inneren Geschlechtsorgane entzünden. Auch Eileiter-Schwangerschaften können die Folge sein. Zudem besteht zumindest der Verdacht, dass eine chronische Infektion mit Chlamydien Eierstockkrebs fördern kann.

Spätfolgen vermeiden

Um solche Folgen unbemerkter Chlamydien-Infektionen in Zukunft zu verhindern, suchen Forscher schon länger nach einem potenziellen Impfstoff – bisher allerdings ohne nennenswerte Erfolge. Doch nun scheint Sonya Abraham vom Imperial College London und ihren Kollegen ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer Impfung gelungen zu sein: Ihr Vakzin CTH522 hat sich in einer klinischen Phase-1-Studie bewährt.

Der von dem Wissenschaftlerteam getestete Impfstoff richtet sich gegen die gängigsten Varianten von Chlamydien-Erregern. Als Antigen enthält er Bereiche eines Oberflächenproteins der Bakterien, das diese zum Andocken an die Wirtszellen brauchen. Diese charakteristische Struktur kann vom körpereigenen Abwehrsystem erkannt werden und somit eine Immunreaktion auslösen.

Vakzin im Test

Für die Studie untersuchten die Forscher zwei unterschiedliche Formulierungen des CTH522-Vakzins. Die eine enthielt den in der Praxis häufig verwendeten Wirkverstärker Aluminiumhydroxid. In der zweiten Variante wurde der Impfstoff mit einem neuen Adjuvans namens CAF01 kombiniert. Würden die beiden Vakzine im Test überzeugen?

Ob die Impfstoffe das Immunsystem aktivierten und gut verträglich waren, testeten Abraham und ihre Kollegen an 35 gesunden Frauen: 15 erhielten den Impfstoff mit Aluminium, 15 weitere das Vakzin mit dem Wirkverstärker CAF01 und fünf eine Placebo-Behandlung. Alle Studienteilnehmerinnen bekamen die Substanz mit zeitlichem Abstand dreimal intramuskulär gespritzt und im Anschluss noch zwei sogenannte Booster-Applikationen über die Nase verabreicht.

„Recht vielversprechend“

Die Auswertungen ergaben: Die Impfungen aktivierten bei allen Probandinnen tatsächlich das Immunsystem und initiierten die körpereigene Produktion von Antikörpern. Am besten funktionierte dabei die Kombination mit dem neuen Adjuvans CAF01. Auch in Sachen Verträglichkeit waren die Ergebnisse vielversprechend. So zeigten sich den Forschern zufolge lediglich leichte Reaktionen auf die Impfung wie Schmerzen an der Injektionsstelle.

„Das Ergebnis dieser Studie ist sehr interessant und auch recht vielversprechend“, kommentiert der nicht an der Untersuchung beteiligte Mikrobiologe Georg Häcker vom Universitätsklinikum Freiburg. „Die Studie zeigt, dass Geimpfte eine Immunantwort gegen Chlamydien aufbauen können. Es wurde allerdings noch nicht untersucht, ob der Impfstoff einen echten Impfschutz – also einen Schutz gegen eine echte Infektion – aufbaut: Das kann zwar vermutet, aber nicht sicher vorhergesehen werden.“

Weitere Studien nötig

Genau diesen Nachweis wollen Abraham und ihr Team künftig erbringen und haben bereits eine klinische Studie der Phase 2 in Planung. Trotzdem wird es noch dauern, bis der Impfstoff alle nötigen Studien durchlaufen hat und womöglich gegen Chlamydien zur Verfügung steht. Ist die Vakzin-Entwicklung eines Tages erfolgreich, wäre dies ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Geschlechtskrankheit.

„Eine Impfung wäre dann – ähnlich wie beim humanen Papillomvirus (HPV) – für Mädchen und Jungen vor dem ersten Sexualkontakt sinnvoll“, kommentiert Dagmar Heuer vom Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. (The Lancet, 2019; doi: 10.1016/S1473-3099(19)30279-8)

Quelle: The Lancet

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