Neurobiologie

Jahreszeit der Geburt beeinflusst Persönlichkeit

Forscher finden signifikante Zusammenhänge zwischen Temperament und Geburtsdatum

Herbststimmung: Die Jahreszeit wirkt sich auf das Temperament aus - und das offenbar schon von Geburt an. © freeimages

Mehr als nur Aberglaube? Die Jahreszeit der Geburt wirkt sich offenbar das ganze Leben lang auf die Persönlichkeit aus. Ungarischen Wissenschaftlern zufolge neigen Herbstgeborene weniger zu Depressionen, und ein Geburtstag im Winter macht tendenziell weniger reizbar. Dieser Effekt kann sich sogar auf das Risiko zu Depressionen und bipolarer Persönlichkeitsstörung auswirken – die genauen Mechanismen dahinter sind aber noch unklar.

Trübes Winterwetter schlägt vielen Menschen auf die Stimmung, Sommersonne dagegen macht fröhlich – das gilt als erwiesen. Aber nicht nur die momentane Jahreszeit soll sich auf das Temperament auswirken, sondern nach landläufiger Meinung auch bereits der Zeitpunkt der Geburt: Bestimmte Monate oder sogar Sternzeichen bringen demnach typische Charakterzüge hervor.

Vom Geburtsdatum abhängige biologische Effekte sind dabei weniger abwegig, als es zunächst klingt: Beispielsweise steigt in den Wintermonaten wegen hormoneller Schwankungen der Anteil der Linkshänder unter den Neugeborenen an. „Biochemische Studien haben gezeigt, dass die Jahreszeit, in der man geboren wird, einen Einfluss auf bestimmte Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin hat, was selbst in Erwachsenen noch nachweisbar ist“, erklärt Xenia Gonda von der Kultvolgyi Klinik in Budapest. Diese Botenstoffe haben einen entscheidenden Anteil an der Stimmungslage eines Menschen.

Im Sommer außerordentlich positiv, im Winter weniger reizbar

Gonda und ihre Kollegen wollten darum herausfinden, ob die Jahreszeit der Geburt tatsächlich auch langfristige Effekte auf die Persönlichkeit eines Menschen haben könnte. Dazu ließen sie 366 Studenten einen standardisierten Fragebogen ausfüllen. Damit erfassten die Wissenschaftler das Temperament der Studienteilnehmer, die persönliche Neigung zu bestimmten Stimmungslagen. Anschließend suchten die Forscher nach Zusammenhängen zwischen Temperament und Geburtsdatum der Probanden.

Das Ergebnis: Gleich mehrere Persönlichkeits-Züge zeigten zumindest statistisch eine deutliche Abhängigkeit von der Jahreszeit. Im Sommer geborene Studienteilnehmer neigten eher dazu, schnell zwischen trauriger und fröhlicher Stimmung hin und her zu wechseln. Diese Sommerkinder besaßen zudem meist eine eher positive Grundeinstellung, wie die Forscher berichten. Bei den Winterkindern war dies nicht der Fall. Ihre Stimmung schwankte weniger und sie waren weniger reizbar.

Sommer macht fröhlich, sorgt aber auch für schwankende Stimmung. Winterkinder sind ausgeglichener, neigen aber zu Depressionen. © freeimages

Auch eine Neigung zu Winterdepressionen könnte ihren Ursprung bereits bei der Geburt haben. Wie sich zeigte, neigten die Winterkinder stärker zu dieser Form der Depression als die im Herbst geborenen.Und auch bei klinisch relevanten Persönlichkeitsstörungen zeigten sich die beobachteten Trends.

Temperament nicht bei Geburt festgelegt

Das bedeutet jedoch nicht, dass das Temperament bereits bei der Geburt festgelegt ist. Ganz offensichtlich bläst nicht jeder Mensch mit einem Geburtstag im Winter sein ganzes Leben lang Trübsal, und wer im Sommer geboren wird, leidet später nicht automatisch an bipolarer Persönlichkeitsstörung. Genetische Faktoren sowie Umwelteinflüsse und soziale Kontakte spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung prägender Charakterzüge. „Aber es scheint, dass der Zeitpunkt der Geburt die Chance auf bestimmte Stimmungsstörungen erhöht oder senkt“, sagt Gonda.

Unterschiedliche Temperamente seien demnach Tendenzen zu bestimmten Verhalten und Emotionen, die auf biologischen Grundlagen basieren. Wie genau es dazu kommt, wollen die Wissenschaftler nun weiter erforschen: „Wir können noch nichts über die beteiligten Mechanismen sagen“, so Gonda. „Was wir nun untersuchen sind genetische Marker, die mit der Geburtsjahreszeit und Persönlichkeitsstörungen im Zusammenhang stehen.“

(European College of Neuropsychopharmacology, 20.10.2014 – AKR)

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