Medizin

Kann man Parkinson riechen?

Patienten verströmen offenbar einen charakteristischen Körpergeruch

Nase
Diagnose per Nase: Ist das auch bei Parkinson möglich? © Vladimir Floyd/ iStock.com

Diagnose per Nase: Die neurodegenerative Erkrankung Parkinson lässt sich möglicherweise erschnüffeln. Wie Untersuchungen zeigen, besitzt der Hauttalg von Patienten einen charakteristischen Geruch. Demnach kommen bestimmte Duftstoffe auf der Haut von Kranken in anderen Konzentrationen vor als bei Gesunden. Diese Tatsache könnte sich in Zukunft vielleicht zur Früherkennung nutzen lassen.

Antike Mediziner wie Hippokrates und Galen verließen sich mitunter auf ihre Nase, um zu erkennen, was ihren Patienten fehlte. Sie meinten, Krankheiten riechen zu können. Heute spielt diese Diagnosemethode zwar kaum eine Rolle mehr. Trotzdem weiß man: Manche Leiden sind tatsächlich mit einem charakteristischen Geruch verbunden. So können speziell trainierte Hunde beispielsweise bestimmte Krebsarten sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes erschnüffeln und ihre Besitzer vor einer gefährlichen Über- oder Unterzuckerung warnen.

Eine „Super-Schnüfflerin“

„Ob spezielle Gerüche auch ein Symptom neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson sein können, dafür gab es bislang allerdings keine Belege“, erklären Drupad Trivedi von der University of Manchester und seine Kollegen. Genau das behauptet jedoch eine Frau namens Joy Milne: Sie verfügt über einen besonders empfindlichen Geruchssinn, ist mit einem an Parkinson erkrankten Mann verheiratet – und sagt, dass sie betroffene Patienten an deren Körpergeruch erkennt.

Was ist an dieser vermeintlichen Fähigkeit dran? Um dies herauszufinden, stellten die Forscher die „Super-Schnüfflerin“ in einer Reihe von Experimenten auf die Probe. Dabei bestätigte sich, dass Milne unter anderem getragene T-Shirts von Parkinson-Patienten identifizieren kann. Der verräterische Geruch schien dabei vor allem am oberen Rücken zu finden zu sein, nicht aber in den Achselhöhlen. Doch worum handelte es sich bei diesem offenbar für die „Schüttelkrankheit“ typischen Duft?

Hauttalg im Fokus

Wie Trivedi und sein Team berichten, wird am oberen Rücken sowie auf der Stirn besonders viel Hauttalg produziert. Auf der Haut von Menschen mit Morbus Parkinson findet sich allerdings deutlich mehr dieser als Sebum bezeichneten Lipide als normalerweise. Der Verdacht lag daher nahe, dass der Parkinson-Geruch im Hauttalg steckt.

Ob das stimmt, untersuchten die Wissenschaftler, indem sie Sebum-Proben vom Rücken von 64 Probanden nahmen – darunter 43 Parkinson-Patienten und 21 Kontrollpersonen. Mithilfe der Massenspektroskopie analysierten sie die flüchtigen Metabolite dieser Proben – jene Substanzen, die potenziell zum Geruch des Hauttalgs beitragen.

Charakteristische Geruchs-Signatur

Das Ergebnis: Tatsächlich zeigten sich zwischen Gesunden und Kranken deutliche Unterschiede. Wie die Forscher berichten, offenbarten die Analysen eine für Parkinson charakteristische Geruchs-Signatur. Dazu gehörten veränderte Konzentrationen von Hippursäure, Octadecanal und Eicosan sowie andere Biomarker. Für diese Abweichungen gibt es eine Reihe von Erklärungsmöglichkeiten, wie Trivedi und seine Kollegen ausführen.

So ist zum Beispiel Octadecanal als Pflanzenmetabolit und Zusatzstoff in Lebensmitteln bekannt. „Es scheint denkbar, dass solche Metabolite durch die verstärkte Sebum-Produktion besser auf der Haut festgehalten werden“, schreiben die Wissenschaftler. Andere Befunde deuten ihnen zufolge dagegen auf spezifische Veränderungen der Hautflora hin: Viele Parkinson-Patienten leiden unter Hautkrankheiten und auf ihrer Haut finden sich vermehrt Hefepilze der Gattung Malassezia. „Einige der von uns beobachteten Effekte könnten auf eine veränderte mikrobielle Aktivität zurückzuführen sein, die sich auf die Produktion von Metaboliten wie Hippursäure auswirkt“, berichtet das Team.

Duftdiagnose zur Früherkennung?

Ob der duftende Fingerabdruck der Parkinson-Krankheit tatsächlich für die Diagnose genutzt werden kann, müssen weitere Studien nun bestätigen. Trivadi und seine Kollegen schlagen unter anderem Duftanalysen bei deutlich größeren Probandengruppen sowie Schnüffeltests mit Hunden als nächste Schritte vor.

Erweist sich die Geruchsprobe als effektiv, wäre dies ein bedeutsamer Schritt. Denn bisher lässt sich Parkinson erst sicher diagnostizieren, wenn die typischen Bewegungsstörungen sichtbar werden. Dann jedoch ist der Degenerationsprozess im Gehirn bereits seit Jahren oder Jahrzehnten in vollem Gange. Die Duftanalyse könnte dagegen schon in früheren Krankheitsstadien eine Diagnose ermöglichen, so die Hoffnung. (ACS Central Science, 2019; doi: 10.1021/acscentsci.8b00879)

Quelle: American Chemical Society

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