Wasserstrahl statt Skalpell: Bei hartnäckigem Karpaltunnelsyndrom kann auch eine sogenannte Hydrodissektion helfen – eine Ablösung des eingeengten Handnervs durch Ultraschall und eine Salzlösung. Statt eines chirurgischen Eingriffs reicht dafür eine Injektion. In einer klinischen Studie waren alle Patienten nach einer solchen Behandlung schmerzfrei. Der zuvor eingeengte und entzündete Nerv schwoll langfristig ab. Allerdings birgt auch diese Behandlung das Risiko einer Nervenverletzung.
Das Karpaltunnelsyndrom tritt typischerweise auf, wenn der Mittelhandnerv im Handgelenk eingeengt wird. Dort läuft dieser Nerv durch einen engen Kanal, der von den Handwurzelknochen und einem quer laufenden Band gebildet wird. Durch Überbelastung, eine vorbestehende Enge des Karpaltunnels und Entzündungen kann dieser Kanal verengt sein und dadurch den Nerv abklemmen. Meist macht sich dies durch Schmerzen, Kribbeln und Taubheit in Daumen und Fingern bemerkbar.
Wenn Ruhigstellen, Physiotherapie und entzündungshemmende Mittel nicht helfen, wird das Karpaltunnelsyndrom bisher meist operativ behandelt. Dabei wird das Deckband des Karpaltunnels durchtrennt, um dem Handnerv mehr Platz zu verschaffen.
Salzlösung statt Skalpell
Doch es geht auch anders, wie nun ein Team um Anindita Bose vom University College of Medical Sciences in Delhi berichtet. Sie hatten in einer klinischen Studie untersucht, ob auch eine Hydrodissektion die Beschwerden lindern kann. Bei dieser wasserstrahl-assistierten Ablösung wird eine physiologische Kochsalzlösung genutzt, um die Umgebung des Handnervs im Karpaltunnel zu spülen. Unter Ultraschall-Kontrolle wird dabei das verklebte Gewebe gelöst, sodass der Nerv wieder frei im Kanal gleiten kann.
Im Rahmen der Studie wurden 63 Patienten mit Karpaltunnelsyndrom in drei Gruppen aufgeteilt. Die Erste erhielt eine Hydrodissektion mit Salzlösung, die zweite eine Hydrodissektion mit Salzlösung und einem Zusatz von entzündungshemmenden Kortikosteroiden. Die dritte Gruppe diente als Kontrolle, ihr wurden nur entzündungshemmende Kortikosteroide ins Handgelenk gespritzt, ohne dass eine Lösung des Nervs erfolgte.
Anhaltende Besserung
Das Ergebnis: Direkt nach der Behandlung hatten sich die Schmerzen bei allen Patienten gebessert. Nach drei und sechs Monaten jedoch waren Schmerzen und Taubheit bei der Kontrollgruppe zurückgekehrt, nicht aber bei den mit Hydrodissektion behandelten Testpersonen. Bei ihnen zeigten Ultraschalluntersuchungen ein anhaltendes Abschwellen des zuvor entzündeten Handnervs um 43 und 46 Prozent, wie die Forschenden berichten. In der Kontrollgruppe waren es nur elf Prozent.
„Es war eine positive Überraschung, dass diese einfache Prozedur der Ultraschall-geleiteten Hydrodissektion den Patienten eine so langanhaltende Besserung brachte“, sagt Boses Kollegin Anupama Tandon. „Die Patienten waren hochzufrieden, zumal die Therapie günstig ist, keine Betäubung benötigt wird und auch kein Klinikaufenthalt.“ Die Dissektion dauere nur rund zehn bis 15 Minuten und schon nach einer Stunde könnte der Patient wieder seinen Alltag aufnehmen.
Risiken auch bei der Hydrosdissektion
Allerdings: Auch die Hydrodissektion ist nicht ohne Risiken. So kommt es offenbar häufiger vor, dass bei dieser Behandlung der Handnerv verletzt wird, wie eine weitere Studie kürzlich ergab. Dabei kann es zu Gefäßverletzungen und einem vorübergehend sogar stärkeren Anschwellen des Nervs kommen. Diese Symptome sind aber vorübergehend und bilden sich offenbar meist wieder zurück. (Radiological Society of North America Annual Meeting, 2022; Ultraschall in der Medizin, 2022; doi: 10.1055/a-1222-4884)
Quelle: Radiological Society of North America