Frühe Diagnose: Forscher haben ein KI-System entwickelt, dass anhand einer DNA-Probe das Risiko für die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) voraussagen kann. In einem Test mit 3.000 ALS-Patienten und 7.000 gesunden Kontrollpersonen erreichte die künstliche Intelligenz eine Trefferquote von knapp 87 Prozent. Außerdem identifizierte das System 922 Genvarianten, die für die ALS-Erkrankung eine wichtige Rolle spielen. Das könnte dabei helfen, mehr über die genetischen Ursachen der neurodegenerativen Krankheit herauszufinden.
Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) trifft in Deutschland etwa sechs bis acht Menschen pro 100.000 und ist damit die häufigste degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems bei Erwachsenen. Weil die für die Muskelsteuerung zuständigen Nerven zunehmend ihre Funktion verlieren, leiden die Betroffenen unter einem fortschreitenden Muskelschwund und Lähmungen. Im späten Stadium sind auch das Schlucken und die Atmung betroffen. Eine Heilung gibt es nicht, aber bei frühem Einsetzen der Therapie kann das Fortschreiten zumindest verlangsamt werden.
Komplexe Genetik
Das Problem jedoch: Oft wird ALS erst relativ spät erkannt – auch, weil die Ursachen erst in Teilen geklärt sind. So legen Studien nahe, dass die Krankheit mindestens zur Hälfte auf erblichen Faktoren beruht. Doch die bisher durch genomweite Vergleichsstudien identifizierten Risikogene erklären nur rund zehn Prozent dieser Erblichkeit. Das macht es bisher nahezu unmöglich vorherzusagen, ob ein Mensch mit einer entsprechenden Veranlagung an ALS erkranken wird.
„Bei vielen Erkrankungen, die erblich bedingt sind, gibt es überlappende, sogenannte additive Effekte von genetischen Faktoren – zum Beispiel bei Schizophrenie,“, erläutert Alexander Schönhuth von der Universität Bielefeld. „Je mehr dieser Faktoren das Genom aufweist, umso wahrscheinlicher ist es, dass Personen erkranken. Wir können demnach anhand der Gene die genetische Disposition gut erkennen. Bei ALS hingegen ist es viel komplizierter.“