Kiffen wirkt nicht nur auf das Gehirn, sondern offenbar auch auf unser Blut: Unmittelbar nach dem Konsum von Cannabis schwellen die roten Blutkörperchen deutlich an, wie ein Experiment belegt. Dieser Effekt ist bei regelmäßigen Kiffern besonders ausgeprägt. Sie könnten dadurch kurzzeitig einem erhöhten Thrombose-Risiko ausgesetzt sein, wie Forschende berichten. Wie sich das langfristig auf die Gesundheit auswirkt, ist allerdings noch nicht geklärt.
Die getrockneten Blüten der weiblichen Cannabis-Pflanze sind allgemeinhin als Marihuana bekannt und enthalten den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Dieser bindet nach dem Konsum an die CB1-Rezeptoren im Gehirn und beeinflusst die Reizweiterleitung und das periphere Nervensystem. Es kommt zu Glückgefühlen, Entspanntheit oder übersteigerter Esslust. Die Substanz kann auch Ängste und Schmerzen lindern und findet beispielsweise medizinische Anwendung bei Menschen, die an Multipler Sklerose oder Parkinson erkrankt sind.
Auf der anderen Seite haben regelmäßige Cannabis-Konsumenten Probleme mit der Speicherung von Informationen, werden vergesslich und leiden allgemein an einer verminderten Gedächtnisleistung. Außerdem deuten einige Hinweise daraufhin, dass das Marihuana-Rauchen die Entwicklung von Psychosen fördern kann. Doch wie sieht es mit körperlichen Nebenwirkungen aus?
THC lässt Erythrozyten anschwellen
Dies haben sich auch Daniel Flormann von der Universität des Saarlandes in Saarbrücken und seine Kollegen gefragt und daher die Auswirkungen von THC auf die roten Blutkörperchen genauer untersucht. Sie untersuchten die Morphologie der Blutzellen von drei Probanden, die etwa zwei bis drei Gramm Marihuana täglich über mehrere Monate konsumierten, sowie von drei Nichtrauchern. Das Alter der allesamt männlichen Teilnehmenden lag etwa bei Mitte 30. Das Forschungsteam wiederholte die Untersuchung der Erythrozyten unmittelbar nach dem alle Probanden den Wirkstoff THC erhielten.
Das Ergebnis: Bei beiden Versuchsgruppen schwollen die Blutzellen an, direkt nachdem sie mit dem Cannabis-Wirkstoff in Berührung kamen. Dieser Effekt war bei den regelmäßigen Cannabis-Konsumenten aber um einiges stärker. „Bei der Breite der roten Blutkörperchen war ein signifikanter Unterschied zwischen den Marihuana-Rauchern und den Nichtrauchern zu sehen“, berichten Flormann und seine Kollegen. Innerhalb einer Stunde fänden die Zellen dann wieder in ihre ursprüngliche Form zurück.
THC bindet an Ionenkanal
Doch wie kommt es zu der Vergrößerung der Erythrozyten? Der im Cannabis enthaltene Wirkstoff THC stimuliert laut dem Forschungsteam einen Ionenkanal an den roten Blutkörperchen namens TRPsV2. Dieser Kanal, der die Aufnahme und Abgabe bestimmter Botenstoffe in die Zelle und aus der Zelle heraus reguliert, sorgt in der Folge dafür, dass die Konzentration von Natrium-Ionen in der Blutzelle steigt und vermehrt Wasser aufgenommen wird. „Dadurch schwillt die Zelle an“, erklärt Seniorautor Lars Kaestner.
Dass die gewohnheitsmäßigen Kiffer eine deutlich erhöhte Reaktion auf die Stimulation mit THC zeigten, liegt demnach wahrscheinlich an einer langfristigen Veränderung der TRPV2-Ionenkanälen an den Erythrozyten, so die Vermutung des Forschungsteams. Es könnte sein, dass diese nach dem langanhaltenden Cannabis-Konsum eine erhöhte Sensitivität aufweisen oder der Aufnahme-Mechanismus verändert ist, wie Florman und sein Team berichten.
Thromboserisiko kurzzeitig erhöht
Dem Experiment zufolge bleiben die roten Blutkörperchen der Probanden rund eine Stunde lang vergrößert, bevor sie wieder abschwellen. In dieser Zeit steige das Thromboserisiko für Cannabis-Raucher leicht an: „Dadurch, dass zum einen die Blutzellen größer und runder sind, bleiben sie in kleinen Kapillaren eher stecken. Zudem verengen sich beim Rauchen von Cannabis die Gefäße, was das Risiko für Mikro-Thrombosen ebenfalls erhöht.“, hält Kaestner fest.
Ob das akute Anschwellen der Erythrozyten eine direkte Gefährdung für die Gesundheit bedeutet, muss allerdings noch in weiteren Studien geklärt werden. (American Journal of Hematology; 2022, doi: 10.1002/ajh.26509)
Quelle: Universität des Saarlandes Saarbrücken