Eine Vollnarkose in der frühen Kindheit kann das noch unreife Gehirn schädigen. Die Folge sind Defizite beim Lernen und Gedächtnis. Darauf deutet eine Studie von US-Forschern hin. Schulkinder mit einer Gasnarkose vor dem ersten Lebensjahr schnitten in Gedächtnistests deutlich schlechter ab als Kinder ohne diese frühkindliche Anästhesie. Ratten, die nur eine Narkose ohne begleitende Operation erhielten, zeigten die gleichen Spätfolgen.
Schon vor einigen Jahren zeigten Tierversuche, dass bestimmte Narkosegase das unreife, sich noch entwickelnde Gehirn schädigen können, bleibende Gedächtnisstörungen sind die Folge. „Sofort begannen Forscher, Ärzte und die Öffentlichkeit zu fragen, ob das Gleiche auch beim Menschen der Fall sein könnte“, berichten Greg Stratman von der University of California in San Francisco und seine Kollegen. Doch bisher gab es darauf keine eindeutige Antwort. Ein Grund dafür: Weil Patienten in der Regel narkotisiert werden, um eine Operation durchzuführen, lassen sich die Effekte von Anästhesie und Eingriff nur schwer voneinander trennen.
Probleme im Gedächtnistest
Stratman und seine Kollegen überprüften diesen Verdacht der Narkose-Folgen nun erneut – einmal mit Kindern und parallel dazu mit Ratten. Für den Test mit Kindern wählten die Forscher 28 sechs- bis elfjährige gesunde Jungen und Mädchen aus medizinischen Fallakten aus, die im ersten Lebensjahr eine Vollnarkose bekommen hatten. Der Großteil von ihnen war mit dem Narkosegas Sevofluran betäubt worden, einem in der Kindermedizin gängigen Gas.
Für ihre Studie unterzogen die Wissenschaftler diese Kinder und eine gleich große Gruppe von gleichaltrigen ohne Narkoseerfahrung einem Intelligenztest und psychologischen Tests. Dann führten sie spezifische Gedächtnistests mit den Kindern durch: Auf einem Bildschirm erschienen nacheinander 80 Schwarzweiß-Zeichnungen. Fünf Minuten später konnten sich die Kinder selbst durch 80 bekannte und 80 neue Zeichnungen klicken und sollten jeweils angeben, ob sie sie wiedererkannten oder ob es völlig neue Zeichnungen waren.