Rätselhafte Abkühlung: Die mittlere Körpertemperatur des Menschen ist in den letzten 160 Jahren um rund 0,6 Grad gesunken – der Standardwert von 37 Grad scheint demnach nicht mehr zu gelten, wie eine große US-Studie nun bestätigt. Demzufolge hat sich auch unser Stoffwechsel verlangsamt. Aber warum? Die Forscher führen dies unter anderem auf eine bessere Gesundheit und auf ein Leben in klimatisierten Räumen zurück.
Unsere Körpertemperatur ist ein wichtiger Anzeiger für unsere Gesundheit: Ist sie höher oder niedriger als normal, deutet dies auf eine Infektion, auf Unterkühlung oder ein anderes Leiden hin. Allerdings haben auch Tageszeit, Alter, Körpergewicht und Größe einen Einfluss auf unseren Stoffwechsel und damit das interne Thermostat. Trotzdem gibt es einen offiziellen Richtwert: Seit 1851 gilt eine im Mund gemessene Temperatur von 37 Grad als normal. Ermittelt hat sie der deutsche Arzt Carl Reinhold Wunderlich damals auf Basis von Millionen Temperaturmessungen bei 25.000 Patienten in Leipzig.

Messeffekt oder reale Veränderung?
Merkwürdig nur: Moderne Studien kommen immer wieder auf deutlich niedrigere Mittelwerte als 37 Grad. Unklar war jedoch bisher, ob dies auf bloße Unterschiede in der Messmethode oder der Kalibrierung der Thermometer zurückgeht oder ob tatsächlich eine physiologische Veränderung dahintersteckt. „Die Frage, ob die mittlere Körpertemperatur sich mit der Zeit verändert, ist mehr als nur akademische Neugier“, erklären Myroslava Protsiv von der Stanford University und ihre Kollegen. „Denn die menschliche Körpertemperatur ist ein grober Anzeiger für die grundlegende Stoffwechselrate.“
Um zu klären, was hinter diesem Abkühlungsphänomen steckt, haben Protsiv und ihr Team die Temperaturen von insgesamt gut 677.000 Männern und Frauen aus ganz unterschiedlichen Geburtsjahrgängen ausgewertet. Diese Langzeitmessreihen gingen bis ins Jahr 1862 zurück, so dass ihre Studie insgesamt 157 Jahre der Messungen umfasste. Die große Zahl der jeweils erfassten Teilnehmer erlaubte es den Forschern zudem, den Einfluss der Messmethoden abzuschätzen.