Jede dritte Frau und fast jeder fünfte Mann hat in Deutschland mehr als einmal im Monat Kopfschmerzen. Doch neben geschlechtsspezifischen Unterschieden sind gibt es anscheinend auch regionale Ungleichheiten. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) anhand einer bundesweiten Studie mit über 10.000 Personen.
{1l}
Kopfschmerzen und Migräne zählen zu den häufigsten Schmerzsyndromen. Im Laufe eines Jahres erlebt der größte Teil aller Deutschen eine oder mehrere Kopfschmerzattacken. Zahlen zur Häufigkeit der Kopfschmerzerkrankungen Migräne und Spannungskopfschmerz fehlen aber weitgehend in Deutschland. Um endlich Schätzungen und Vermutungen durch Fakten und Wissen zu ersetzen, hat die DMKG rund 7000 Erwachsene und mehr als 3000 Jugendlichen bezüglich ihrer Beschwerden durch Migräne, Spannungskopfschmerz oder Kopfschmerz bei Medikamentenübergebrauch untersucht. Erfasst wurden auch die Lebensumstände und die Lebensqualität der betroffenen Patientinnen und Patienten. Experten haben die Daten in drei Regionen erhoben: Stadt und Umland von Augsburg, der Großstadt Dortmund und der Region Vorpommern mit Stralsund und Greifswald als größten Städten.
„Die Häufigkeit der verschiedenen Kopfschmerzformen ist in Deutschland regional sehr unterschiedlich“, resümiert der Münchener Neurologe Dr.
Volker Pfaffenrath das Ergebnis der Studie. So ist der Spannungskopfschmerz bei den Augsburger Studienteilnehmern am höchsten. Auch bei der Migräne führen die Augsburgerinnen das Ranking an. Dafür leiden Dortmunds Männer häufiger unter Migräne als ihre Geschlechtsgenossen in Augsburg oder Vorpommern. „Woran diese Unterschiede liegen“, so der Studienverantwortliche der DMKG weiter, „kann jedoch im Rahmen einer Querschnittstudie nicht geklärt werden.“
Spannungskopfschmerz am häufigsten
In allen drei Regionen ist der Spannungskopfschmerz bei Männern und Frauen am häufigsten. Bei Frauen variiert der Prozentsatz zwischen 17,4 (Dortmund) und 24,2 Prozent (Augsburg). Bei den Männern sind zwischen 13 (Vorpommern) und 25 Prozent (Augsburg) betroffen. Die Migräne ist weniger häufig – und erwartungsgemäß leiden Frauen öfter an ihr als Männer. Unter den anfallsartigen Kopfschmerzattacken leiden 13,8 Prozent der Augsburgerinnen, 13,1 Prozent der Dortmunderinnen und 9,1 Prozent der Frauen in Vorpommern.
In allen drei Regionen klagen hingegen nur wenige Männer über die quälenden Schmerzattacken. Die Häufigkeit variiert zwischen 2,4 Prozent in Vorpommern und 4,6 Prozent in Dortmund. Schmerzmittelkopfschmerz ist bei den Frauen in allen Studienregionen etwa gleich häufig: Bei etwa 1,4 Prozent ist der Übergebrauch von Analgetika und/oder Migränemitteln Ursache täglicher Kopfschmerzen.
Bei Männern liegt die Prävalenz in Augsburg und Dortmund unter einem Prozent. „Aber“, so Pfaffenrath, „aufgrund der geringen Fallzahlen sind diese Ergebnisse mit Bedacht zu interpretieren.“
Lichtblick ab 45
Die tröstende Nachricht: die Häufigkeit von Kopfschmerzen sinkt bei Männern und Frauen mit steigendem Alter. In jüngeren Jahren ist die Varianz bei den Häufigkeiten der verschiedenen Kopfschmerzformen zwischen den einzelnen Studienregionen ausgeprägt. Danach gleicht sich der Trend nach unten in den Regionen einander an.
Den Gipfel der Häufigkeit des Spannungskopfschmerzes haben die Frauen in allen Studienregionen schon bis zum 44. Lebensjahr überschritten: Die Zahlen sinken, verharren aber ab Mitte fünfzig auf einem gleichbleibendem Niveau. Bei den Männern sinkt die Häufigkeit von Spannungskopfschmerz abgesehen von kleinen Schwankungen bereits ab 25 Jahren kontinuierlich. Mit 75 kennt nur noch jeder Zehnte das Drücken im Kopf.
Auch die Migräneattacken nehmen bei den Frauen ab 45 Jahren in allen Regionen kontinuierlich ab. Bei den Männern sinkt die Häufigkeit ebenfalls gleichmäßig in den Regionen ab dem 45. Lebensjahr auf zwei bis vier Prozent. Etwa 2,3 Prozent der Frauen haben ihre Migräneattacken regelmäßig in Zusammenhang mit ihrer Monatsregel, bei 4,8 Prozent wirkt das hormonelle Auf und Ab des Monatszyklus gelegentlich als Triggerfaktor.
Die Mehrzahl der Migränepatientinnen hat eine bis drei Attacken pro Monat, während ihre männlichen Leidensgenossen häufiger mit weniger als einem Anfall davon kommen. Ausgeglichener ist hingegen das Geschlechterverhältnis beim Spannungskopfschmerz: Hier berichtet die Mehrzahl der Frauen und Männer gleichermaßen, dass die Beschwerden ein bis drei Mal pro Monat auftreten.
Beeinträchtigte Lebensqualität
Untersucht haben die Forscher auch unter anderem die Lebensqualität der Kopfschmerzpatienten. Diese ist deutlich schlechter als jene der Menschen, die keine Kopfschmerzen haben. „Die Migräne beeinträchtigt etwa das körperliche Wohlbefinden stärker als Spannungskopfschmerzen und die größten Einbußen haben Patientinnen und Patienten, die unter medikamenteninduziertem Kopfschmerz leiden“, stellt Professor Klaus Berger fest.
Ähnlich sind auch die Ergebnisse bei der Erhebung des psychischen Wohlbefindens. Wenn die Forscher die verschiedenen Aspekte der gesundheitsbezogenen Lebensqualität untersuchen, etwa die körperliche und soziale Funktionsfähigkeit, die Vitalität, die allgemeine Gesundheit, den körperlichen Schmerz und das psychische Wohlbefinden, zeigt auch die Analyse bei Patienten, die keine Kopfschmerzen haben, Parallelen zur Lebensqualität der Kopfschmerzpatienten, etwa bei der Vitalität, wobei die Lebensqualität der Kopfschmerzpatienten in allen Dimensionen schlechter ist. Auffallend ist die besonders stark beeinträchtigte Lebensqualität der Probanden mit medikamenteninduziertem Kopfschmerz in allen Dimensionen. „Diese liegt weit unter jener derjenigen der anderen Kopfschmerzprobanden“, sagt Professor Berger und damit in Bereichen wie sie beispielsweise schwer kranke Krebspatienten oder Patienten mit anderen stark limitierenden Erkrankungen angeben.
(Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft e.V., 28.11.2005 – AHE)