Hoffnung auf frühere Diagnose: Bisher wird Pankreaskrebs meist zu spät diagnostiziert – mit oft tödlichen Folgen. Doch nun könnten Forschende eine Möglichkeit gefunden haben, Bauchspeicheldrüsenkrebs schon im Frühstadium zu erkennen – mithilfe von Kotproben. In ihnen findet sich bei Krebspatienten eine typische Kombination von 27 Bakterienarten, die sie deutlich von gesunden oder unter einer Bauchspeicheldrüsenentzündung leidenden Menschen unterscheidet.
Bauchspeicheldrüsenkrebs ist einer der aggressivsten und tödlichsten Krebsarten überhaupt: Weil er nur unspezifische, spät auftretende Beschwerden verursacht, wird er meist zu spät entdeckt. Zudem entwickelt sich der Krebs sehr schnell und ist nur schwer behandelbar. Selbst eine Kombination mehrerer Chemotherapeutika kann das Fortschreiten der oft inoperablen Tumoren nur selten aufhalten. Umso wichtiger wäre es, die Früherkennung des Pankreaskrebses zu verbessern.
Spurensuche im menschlichen Kot
Eine Chance dafür könnte nun ein neuartiger Diagnoseansatz bieten, den Ece Kartal vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und seine Kollegen entwickelt haben. Dafür haben sie untersucht, ob Patienten mit Pankreaskrebs charakteristische Veränderungen in ihrer Darmflora aufweisen. „Unser Durchbruch basiert auf den zunehmenden Belegen dafür, dass unser Mikrobiom eng mit der Entwicklung von Krebs verknüpft ist“, erklärt Helen Rippon von Worldwide Cancer Research, das die Studie zum Teil mitfinanziert hat.
Für ihre Studie verglichen die Forschenden die genetischen Bakteriensignaturen in Kotproben von 57 Patienten mit Pankreaskrebs in unterschiedlich fortgeschrittenen Stadien, 29 Menschen mit chronischer Bauchspeicheldrüsen-Entzündung sowie 50 gesunden Kontrollpersonen. Zusätzlich überprüften sie die Ergebnisse in einer zweiten Studiengruppe in Deutschland sowie Gendaten von 5.792 weiteren Kotproben aus 18 Ländern.
27 Mikroben als Krebsanzeiger
Das Ergebnis: Im menschlichen Kot lässt sich tatsächlich eine spezifische Kombination von Mikroben nachweisen, die nur bei von Menschen mit Pankreaskrebs auftritt. „Diese Signatur von 27 Mikroorganismen unterscheidet sich deutlich zwischen Krebspatienten und Kontrollen – und dies sowohl in den frühesten wie den fortgeschrittenen Krebsstadien“, berichten die Wissenschaftler. Dies deute darauf hin, dass die charakteristische Mikroben-Signatur schon im Frühstadium des Pankreaskrebses auftrete.
So war bei den Krebspatienten typischerweise der Anteil der Mikrobenarten Methanobrevibacter smithii, Fusobacterium nucleatum, Alloscardovia omnicolens, Veillonella atypica und Bacteroides finegoldii erhöht. Andere für Darm und Kot typische Bakterien wie Faecalibacterium prausnitzii, Bacteroides coprocola, Bifidobacterium bifidum oder Romboutsia timonensis fehlten hingegen.
Treffsicherheit bis zu 94 Prozent
Die Mikroben-Signatur ist so spezifisch, dass sich allein aufgrund dieser Kot-Daten 84 Prozent der Krebspatienten korrekt identifizieren ließen. Diese Trefferquote ließ sich noch erhöhen, wenn Ergebnisse von Blutproben hinzugenommen wurden, wie das Team feststellte. Denn im Blut kann sich Pankreaskrebs durch ein bestimmtes Carbohydrat-Antigen verraten, das aber für sich genommen als zu unspezifisch gilt. Kombiniert mit der Bakterien-Signatur der Kotproben erhöhte es die Diagnose-Sicherheit aber auf 94 Prozent.
„Das Spannende an dieser Entdeckung ist, dass das Mikrobiom von Stuhlproben demnach genutzt werden könnte, um Pankreaskrebs in Zukunft früher zu diagnostizieren“, erklärt Rippon. Das sehen auch Kartal und seine Kollegen so: „Es handelt sich zwar bisher nur um Beobachtungsdaten“, betonen sie. Dennoch sehen sie gute Chancen dafür, dass die 27 von ihnen im Kot identifizierten Indikator-Mikroben in Zukunft zur Diagnose und Früherkennung dienen könnten.
Neue Chance für die Früherkennung
Die neuen Erkenntnisse könnten damit eine Chance eröffnen, den aggressiven Bauchspeicheldrüsenkrebs früher zu erkennen und damit die Überlebenschance der betroffenen Patienten deutlich zu steigern. Das sehen auch die nicht an der Studie beteiligten Krebsforscher Rachel Newsome und Christian Jobin von der University of Florida so: „Diese Studie repräsentiert einen wichtigen Beitrag zur Findung prädiktiver Marker für den duktalen Pankreaskrebs und unterstreicht die Rolle des Mikrobioms für die Krebsfrüherkennung“, schreiben sie in einem begleitenden Kommentar.
Allerdings: Bevor dieses Diagnoseverfahren in der klinischen Praxis angewendet werden kann, muss es erst noch in klinischen Studien überprüft werden. So konnten Kartal und seine Kollegen anhand dieser Mikroben-Signaturen den Pankreaskrebs bereits klar von Brustkrebs oder Darmkrebs unterschieden. Ob die Kotbakterien aber auch gegenüber anderen Krebsarten so spezifisch sind, muss noch ermittelt werden. (Gut, 2022; doi: 10.1136/gutjnl-2021-324755)
Quelle: BMJ