Medizin

Krebs: Kleinster gemeinsamer Nenner der Bösartigkeit gesucht

Frühe Veränderungen als Therapieansatz

Während das Erbgut normaler Zellen in aller Regel identisch ist, findet man bei Krebszellen häufig Veränderungen: genetisches Material geht verloren oder wird verdoppelt, sogar die Anzahl der Chromosomen kann sich ändern. Krebszellen haben mit normalen Zellen oft nicht mehr viel gemein. Ihre genetische Instabilität führt dazu, dass ganz unterschiedliche Zellpopulationen entstehen können. Therapien sind in der Regel aber nur auf ein Zielprotein ausgerichtet. Gesucht sind deshalb frühe genetische Veränderungen, die bei allen Krebszellen eines Patienten auftreten. Bei manchen Brustkrebserkrankungen könnten Forscher diesem Ziel jetzt näher gekommen sein.

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Ein Wissenschaftlerteam um Dr. Christoph Klein vom Institut für Immunologie der Universität München berichtet jetzt in Cancer Cell von der Analyse einzelner Tumorzellen, die häufig im Knochenmark von Brustkrebspatienten vorkommen. Diese zeigen zahlreiche Erbgutveränderungen, die vermutlich in einer Frühphase der Erkrankung auftreten. Die Zellen und ihre genetischen Veränderungen sind damit ein Fenster in die Vergangenheit individueller Erkrankungen und ein möglicher Ansatzpunkt für deren Behandlung.

„Bislang gehen nur sehr wenige therapeutische Konzepte auf die enorme genetische Vielfalt der Krebszellen ein“, berichtet Klein. „Eine erfolgreiche Therapie ist darauf angewiesen, dass das Zielprotein weit verbreitet und für das Überleben der Zellen essenziell ist.“

Bevor beispielsweise mit bildgebenden Verfahren Metastasen gesehen werden können, lassen sich einzelne Tumorzellen mit einer Färbung für sie typischer Proteine im Knochenmark entdecken. Der Nachweis korreliert mit einem hohen Risiko der Patientin, später Metastasen zu entwickeln und an der Erkrankung zu versterben. Das Auftreten dieser gestreuten Tumorzellen gilt vor allem nach einem chirurgischen Eingriff und dem Ende einer begleitenden Therapie als Indiz für eine besonders schlechte Prognose. Das macht diese Zellen automatisch zu einem Wunschziel einer Krebstherapie. Doch bislang war wenig über ihre molekularen Charakteristika bekannt.

Das Team um Klein konnte zeigen, dass einige dieser Zellen – anders als die des Primärtumors – keine chromosomalen Veränderungen aufweisen. So verfügen sie unter anderem noch über eine normale Anzahl von Chromosomen. Eine genauere Untersuchung wies aber genetische Veränderungen in kleinerem Maßstab nach und zeigte, dass es sich tatsächlich um bösartige Zellen handelt. „Wir vermuten, dass es sich um frühe genetische Veränderungen handelt, die den Krebs auslösen, fördern und seine Ausbreitung im Körper ermöglichen“, so Klein. „Diese könnten aber entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung sein, weil nur die ersten Veränderungen bei allen Tumorzellen auftreten.“

Von der normalen Zelle zur Krebszelle

Die verstreut im Knochenmark der Brustkrebspatienten vorkommenden Tumorzellen gewährten den Wissenschaftlern aber auch Einblicke in die Entstehung dieser bösartigen Erkrankungen. So konnten Klein und sein Team in manchen Fällen die Abfolge der chromosomalen Veränderungen im Verlauf der Krebserkrankung nachzeichnen. Es gelang anhand der im Knochenmark gefundenen Krebszellen, die genetische Umwandlung einer normalen Zelle zu einer metastasierenden Krebszelle nachzuvollziehen.

„Die Zellen im Knochenmark haben sich wahrscheinlich zu einer Zeit ausgebreitet, als der Primärtumor erst zu wachsen begann“, meint Klein. „Wir gehen davon aus, dass sich zu einem frühen Zeitpunkt sehr viele Krebszellen im Körper ausbreiten. Wir vermuten auch, dass die im Frühstadium abgewanderten Zellen weitere Veränderungen anhäufen müssen, um vollständig bösartig zu werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine einzelne Tumorzelle zur Metastase wird, ist also wahrscheinlich sehr gering.“

(idw – Universität München, 22.09.2005 – DLO)

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