Körpereigener Killer: Immuntherapien gegen Krebs sollen das eigene Abwehrsystem auf den Tumor hetzen – doch der Ansatz funktioniert nicht bei jedem Patienten. Künftig können Ärzte womöglich besser vorhersagen, wer von einer solchen Behandlung profitieren kann und wer nicht. Denn Forscher haben festgestellt: Für die Erfolgsaussichten ist eine ganze bestimmte Eigenschaft der Abwehrzellen des Immunsystems entscheidend.
Theoretisch kann unser Immunsystem Krebszellen erkennen und beseitigen. Trotzdem entwickeln viele Menschen Tumorerkrankungen. Das Problem: Krebszellen haben effektive Strategien entwickelt, um der körpereigenen Abwehr zu entgehen. Sie senden spezielle Botenstoffe aus, mutieren blitzschnell oder tarnen sich – zum Beispiel, indem sie an das auf der Oberfläche von Abwehrzellen sitzende Protein PD-1 andocken.
Das Ziel von Immuntherapien ist es, diese Immunblockade zu durchbrechen und den Krebs für die Abwehrzellen wieder sichtbar zu machen. Dies gelingt im Fall der PD-1-Strategie durch das Blockieren der Andockstelle. Als Folge kann das Immunsystem die Tumorzellen zerstören oder zumindest in ihrem Wachstum hemmen. Der Ansatz funktioniert bisher jedoch nur bei wenigen Krebsarten – und die Erfolgschancen unterscheiden sich auch von Patient zu Patient erheblich.
Immunzellen im Blick
Woran aber liegt es, das Betroffene mitunter so unterschiedlich auf eine Immuntherapie ansprechen? Dieser Frage sind Daniela Thommen vom Universitätsklinikum Basel und ihre Kollegen nun nachgegangen. Sie untersuchten am Beispiel von Lungenkrebs, welche Abwehrzellen sich mithilfe einer Immuntherapie am besten auf den Krebs ansetzen lassen.
Dafür analysierten sie zunächst Populationen von T-Lymphozyten aus dem Körper von Krebspatienten. Es zeigte sich, dass diese Zellen des Immunsystems teils völlig unterschiedliche Eigenschaften besaßen. Unter anderem exprimierten manche von ihnen sehr viel des Oberflächenproteins PD-1, andere hatten nur wenige oder gar keine dieser von Krebszellen gerne als Tarnmantel genutzten Moleküle auf ihrer Oberfläche.
Ein entscheidender Unterschied
Weitere Untersuchungen offenbarten, dass ausgerechnet diese Unterschiede für den Erfolg einer Immuntherapie entscheidend sein könnten. So schienen PD-1-reiche Zellen Tumore besonders gut erkennen zu können. Außerdem bildeten sie den Botenstoff CXCL13, der weitere Immunzellen anlockt, die beim Kampf gegen den Krebs helfen.
Um diesen Zusammenhang genauer unter die Lupe zu nehmen, wertete das Team anschließend Daten aus einer Pilotstudie mit Lungenkrebspatienten aus. Die Teilnehmer hatten eine Immuntherapie erhalten, die verhindern sollte, dass sich Krebszellen mithilfe des PD-1-Proteins „unsichtbar“ machen. Das Ergebnis: Patienten mit PD-1-reichen Lymphozyten sprachen besser auf die Therapie an und überlebten länger.
Bessere Vorhersage
Diese Erkenntnisse könnten in Zukunft dabei helfen, die Erfolgschancen einer Immuntherapie besser vorherzusagen. Dafür müssten die Forscher nur eine einfache Methode entwickeln, um Patienten mit PD-1-reichen Abwehrzellen von anderen zu unterscheiden. „Wenn wir von vornherein sagen könnten, bei wem die Therapie wirken wird, könnten wir die Erfolgsquote steigern. Dadurch reduzieren wir die Nebenwirkungen und sparen auch Kosten“, sagt Thommens Kollege Alfred Zippelius.
Denn Fakt ist: Gegenwärtig spricht noch immer nur eine Minderheit der Patienten auf eine Immuntherapie an. Die meisten Betroffenen benötigen andere Therapien – etwa eine Kombination aus Chemotherapie und Bestrahlung. (Nature Medicine, 2018; doi: 10.1038/s41591-018-0057-z)
(Schweizerischer Nationalfonds/ Nature, 13.06.2018 – DAL)