Gefährlicher Zuckerersatz: Der künstliche Süßstoff Erythrit, auch Erythritol oder E 968 genannt, ist doch nicht so gesund wie lange angenommen. In Experimenten hat sich nun herausgestellt, dass das Mittel Blutgerinnsel verursachen kann, was wiederum das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöht. Selbst bei gesunden Personen reichert sich der Süßstoff bedenklich im Blut an und überschreitet dabei die Schwelle zur Gerinnselbildung. Die Wissenschaftler empfehlen, das Süßungsmittel im Auge zu behalten und seine negativen Auswirkungen weiter zu erforschen.
Süßer Geschmack, aber keine Kalorien: Das versprechen künstliche Zuckerersatzstoffe wie Erythrit oder Stevia. Vor allem Menschen mit Diabetes, Herzkrankheiten oder Übergewicht werden sie häufig als zuckerfreie Alternative empfohlen. Doch es mehren sich Berichte, dass Stevia und Co. doch nicht die Wundermittel sind, als die sie lange angepriesen wurden. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass sie den Appetit steigern, Diabetes fördern und die Darmflora aus dem Gleichgewicht bringen können.
Erythrit steht mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung
Die gesundheitlichen Nachteile von Süßstoffen könnten sogar noch weitreichender sein als bislang angenommen, wie Forschende um Marco Witkowski von der Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio nun herausgefunden haben. Das Team untersuchte die Blutproben von etwa 4.000 Personen mit hohem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei jenen Teilnehmern, die schwere Komplikationen wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten, stellten die Wissenschaftler in ihrem Blut gleichzeitig eine hohe Konzentration des Zuckerersatzstoffes Erythrit fest.
Der Süßstoff ist auch als Erythritol oder E 968 bekannt. Er ist etwa 70 Prozent so süß wie Zucker und entsteht durch die Fermentierung von Mais. Erythrit steckt etwa in zuckerfreien Kaugummis oder Diät-Getränken. Er ist derzeit einer von acht in der Europäischen Union zugelassenen Zuckeraustauschstoffen und darf bestimmten industriell gefertigten Lebensmitteln in beliebigen Mengen zugesetzt werden. Ein Fehler?
Die jetzt festgestellte Verbindung zwischen hoher Erythrit-Konzentration im Blut und einem gesteigerten Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt legt dies zumindest nahe. Um herauszufinden, wie genau beides zusammenhängt, untersuchte Witkowskis Team den Effekt von Erythrit auf das Blut in Laborexperimenten genauer. Dafür gaben sie den Süßstoff zu Vollblut und zuvor isolierten Blutplättchen dazu. Letztere helfen uns dabei, uns von Verletzungen wie einem Schnitt zu erholen. Die Blutplättchen verklumpen zu einem Blutgerinnsel und verschließen die Wunde.
Schon ein Diätgetränk könnte Gerinnselrisiko erhöhen
Die Experimente zeigen, dass offenbar auch Erythrit die Blutplättchen aktivieren und somit ihre Verklumpung auslösen kann. Die Einnahme des Süßstoffes über Diät-Limo, Kaugummi und Schokolade kann also wahrscheinlich die Bildung von Gerinnseln verstärken, wie die Forschenden erklären. Diese Gerinnsel wiederum könnten in der Folge dann Hirnarterien oder Herzkranzgefäße verstopfen und zu einem Schlaganfall beziehungsweise Herzinfarkt führen.
Für diesen Effekt braucht es möglicherweise nicht einmal sonderlich große Mengen des Süßstoffes, wie eine Folgestudie aufzeigte. Demnach stieg der Blut-Erythritspiegel von acht gesunden Teilnehmern bereits dann über die Gerinnsel-Schwellenwerte hinaus, wenn sie nur 30 Gramm des Süßstoffes zu sich nahmen – so viel wie in einer Dose eines handelsüblichen, künstlich gesüßten Getränks steckt.
Weitere Studien erforderlich
Dass sich Erythrit im Körper so stark anreichern kann, hat laut Witkowskis Team zwei Hauptgründe. Erstens kann unser Körper den Süßstoff nur schwer verstoffwechseln. Stattdessen landet er in der Blutbahn und wird über den Urin wieder ausgeschieden. Zweitens bildet unser Körper auch auf natürliche Weise geringe Mengen an Erythrit, so dass sich jeder zusätzliche Verzehr „aufsummieren“ kann.
„Es ist wichtig, dass weitere Sicherheitsstudien durchgeführt werden, um die langfristigen Auswirkungen von künstlichen Süßstoffen im Allgemeinen und von Erythrit im Besonderen auf das Risiko von Herzinfarkt und Schlaganfall zu untersuchen“, sagt Witkowskis Kollege Stanley Hazen. In diesen Folgestudien müsse auch die Wirkung von Erythrit auf gesunde Menschen weiter in den Fokus rücken, um eine mögliche Verzerrung durch Vorerkrankungen auszuschließen. (Nature Medicine, 2023; doi: 10.1038/s41591-023-02223-9)
Quelle: Cleveland Clinic, Science Media Center