Medizin

Lesen und Schreiben schützt vor Demenz

Analphabeten haben im Alter ein dreifach höheres Demenzrisiko

Lesen
Wer lesen und schreiben kann, schützt sein Gehirn vor einer Demenz, denn auch diese Fertigkeiten trainieren das Denkorgan. © sebra/ iStock.com

Lesen schützt: Wer nie richtig lesen und schreiben gelernt hat, hat ein erheblich höheres Demenzrisiko, wie nun eine Studie nahelegt. Demnach erkranken Analphabeten im Alter fast dreimal häufiger an einer Demenz als Menschen, die das Lesen und Schreiben beherrschen. Die Forscher führen dies darauf zurück, dass diese Fertigkeiten das Gehirn trainieren und so dessen Resilienz gegenüber dem geistigen Abbau erhöhen.

Demenzerkrankungen wie Alzheimer gehören heute zu den häufigsten neurologischen Leiden im Alter. Viele Menschen suchen daher nach Möglichkeiten, dem geistigen Abbau vorzubeugen. Denn Studien zeigen, dass ein Training des Gehirns durch spezielle Programme, Sprachenlernen, Bewegung und auch soziale Kontakte das Demenzrisiko verringern oder den Ausbruch der Erkrankung zumindest hinauszögern kann.

Lesen und Schreiben als Gehirnjogging?

Doch es gibt auch ein Gehirntraining, dass jeder von uns quasi nebenher absolviert: das Lesen und Schreiben. Denn wie Miguel Renteria von der Columbia University in New York und seine Kollegen herausgefunden haben, scheint schon das Beherrschen dieser Fertigkeiten eine gewisse Schutzwirkung gegen die Demenz zu entfalten.

„Durch das Lesen und Schreiben können Menschen mehr Aktivitäten ausüben, die das Gehirn beanspruchen – beispielsweise Zeitunglesen oder den Kindern und Enkeln bei den Haussaufgaben helfen“, erklärt Renterias Kollegin Jennifer Manly. „Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass solche Aktivitäten das Risiko für eine Demenz reduzieren können.“ Welchen Unterschied dabei allein schon das Beherrschen des Lesens und Schreibens macht, haben die Forscher nun untersucht.

Für ihre Studie testeten sie knapp tausend Senioren über zwei Jahre hinweg regelmäßig auf Gesundheit und geistige Leistungen hin, darunter auch 237 Analphabeten.

Dreimal mehr Demenz bei Analphabeten

Das Ergebnis: „Die Analphabeten hatten schon zu Beginn der Studie eine dreifach höhere Demenzrate als die gebildeteren Teilnehmer“, berichten die Forscher. Konkret waren 18 Prozent der Teilnehmer mit normalen Lese- und Schreibfähigkeiten an einer Demenz erkrankt, bei den Analphabeten waren es dagegen 35 Prozent. Diese Unterschiede blieben auch dann bestehen, wenn andere Einflussfaktoren wie Gesundheit, Alter und sozioökonomischer Status berücksichtigt wurden.

Und auch im Verlauf der Studie zeigten sich klare Unterschiede, wie Renteria und seine Kollegen berichten: „Die Teilnehmer, die nicht lesen und schreiben konnten, entwickelten in dieser Zeit doppelt so häufig eine Demenz wie ihre alphabetisierten Altersgenossen.“ Dabei schritt der geistige Abbau bei den Gesunden zwar nicht messbar schneller voran, doch es gab mehr unter ihnen, bei denen sich eine Demenz im Laufe der Zeit manifestierte.

„Lebenslange Vorteile“

Nach Ansicht der Forscher belegen diese Ergebnisse, dass schon eine so alltägliche Fähigkeit wie Lesen und Schreiben das Gehirn trainiert – und es dadurch zumindest in gewissem Maße vor einer Demenz schützen kann. „Unsere Arbeit liefert weitere Belege dafür, dass das Lesen und Schreiben wichtige Helfer für den Erhalt eines gesunden Gehirns sind“, sagt Manly. „Selbst wenn sie nur wenige Jahre der Schulbildung haben, besitzen Menschen, die lesen und schreiben können, lebenslange Vorteile gegenüber Analphabeten.“

Wer das Lesenlernen als Erwachsener nachholt, der könnte demnach doppelt davon profitieren: Er kommt im Alltag besser zurecht und trainiert gleichzeitig sein Gehirn. Wie stark der Effekt der Bildungsprogramme für Analphabeten auf das Demenzrisiko ist, müssen nun weitere Studien klären. (Neurology, 2019; doi: 10.1212/WNL.0000000000008587)

Quelle: American Academy of Neurology

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