Code geknackt: Forschern ist es gelungen, die genetische Basis für den letzten noch offenen Blutgruppenfaktor zu identifizieren – den sogenannten Xga-Faktor. Rund ein Drittel der Männer und ein Zehntel der Frauen ist Xga-negativ. An welcher Genvariante dies liegt, haben die Wissenschaftler nun herausgefunden – gut 50 Jahre nach der Entdeckung des Xga-Faktors. Damit ist der Weg frei für einen kompletten Blutgruppenabgleich per DNA-Test.
Bluttransfusionen können Leben retten – vorausgesetzt, die Blutgruppe stimmt. Das jedoch ist nur dann der Fall, wenn entscheidende Moleküle auf der Oberfläche der Roten Blutkörperchen übereinstimmen. Inzwischen kennen Mediziner 36 verschiedene solcher Blutgruppenfaktoren, die bekanntesten sind das AB0-System und der Rhesusfaktor. Für 35 davon ist inzwischen die genetische Basis bekannt, so dass sie mittels DNA-Test bestimmt werden können.
Rätselhaft seit 1962
Doch ein Blutgruppenfaktor entzog sich bisher der DNA-Bestimmung: der sogenannte Xga-Faktor. Er wurde zwar schon 1962 entdeckt und inzwischen ist auch bekannt, dass sein Gen auf dem X-Chromosom liegt und wo. Doch welche Genvariante dazu führt, dass einem Teil der Bevölkerung dieser Blutfaktor fehlt, blieb bisher rätselhaft. Immerhin ein Drittel der Männer und ein Zehntel der Frauen sind Xga-negativ.
Jetzt haben sich Mattias Möller von der Universität Lund und seine Kollegen dieses Rätsels angenommen. Für ihre Studie verglichen sie 2.612 Genvarianten im Umfeld des XG-Gens auf dem X-Chromosom und suchten nach einer Variante, die bei Xga-negativen Menschen besonders häufig oder sogar immer vorkommt.
Genvariante gefunden
Tatsächlich wurden die Wissenschaftler fündig: „Die Genvariante rs311103 zeigte die stärkste Korrelation“, berichten sie. Näherer Untersuchungen im Labor ergaben, dass bei Trägern dieser Genvariante der Transkriptionsfaktor GATA1 nicht mehr an die DNA binden kann. ALS Folge wird das XG-Gen nicht abgelesen und das Xga-Protein kann nicht produziert werden – es fehlt deshalb auf der Oberfläche der Roten Blutkörperchen.
Damit ist nun endlich das Rätsel des Xga-Faktors gelöst und auch das letzte der 36 Blutgruppensysteme ist genetisch entschlüsselt. Wie die Forscher erklären, macht dies den Weg frei, um künftig die Blutgruppen-Verträglichkeit komplett mittels DNA-Test zu ermitteln. „Wir sind nun dabei, diese Erkenntnisse in die Klinik zu übertragen“, sagt Seniorautor Martin Olsson von der Universität Lund. „Zudem wollen wir herausfinden, was das Xga-Protein eigentlich tut und was sein Fehlen für Konsequenzen für die Träger hat.“ (Blood, 2018; doi: 10.1182/blood-2018-03-842542)
(Lund University, 17.07.2018 – NPO)