Lichtdusche gegen die Unlust: Bei älteren Männern könnte eine Lichttherapie gegen die nachlassende sexuelle Lust helfen. In einem Experiment steigerte eine halbstündige Lichtdusche am Morgen sowohl die Testosteronwerte als auch die Erregungsfähigkeit betroffener Männer. Noch muss diese Wirkung in umfangreicheren Studien abgeklärt werden, aber zumindest in einigen Fällen könnte Licht eine Behandlung mit Medikamenten ersetzen.
Viele Männer ab 40 Jahren leiden unter abnehmender sexueller Erregbarkeit. Als Folge sinkt nicht nur ihre Befriedigung beim Sex, auch Potenzstörungen treten vermehrt auf. Einer Studie zufolge könnte dies bis zu einem Viertel der älteren Männer betreffen. Ausgehend von der Beobachtung, dass das sexuelle Interesse der Betroffenen im Winterhalbjahr besonders schwach ist, haben Andrea Fagiolini und seine Kollegen von der Universität Siena nun eine neue Therapie ausprobiert: Licht.
Morgens eine Lichtdusche
„Auf der Nordhalblkugel sinkt die Testosteron-Produktion des Körpers von Natur aus zwischen November und April“, erklärt Fagiolini. Erst im Frühjahr steigen die Werte dieses männlichen Geschlechtshormons wieder an – und mit ihr auch die Lust auf Sex. Für die Forscher lag daher nahe, dass die vom Tageslicht gesteuerte innere Uhr dafür eine Rolle spielen könnte.
Um das zu testen, baten die Forscher 38 Männer, die wegen sexueller Unlust in Behandlung waren, an einer Lichttherapie teilzunehmen. Dafür setzen sie sich zwei Wochen lang jeden Morgen für 30 Minuten vor eine helle Tageslichtlampe, wie sie auch als Therapie gegen Winterdepressionen eingesetzt wird. Die Hälfte der Probanden bekam dabei ohne es zu wissen ein Placebo: Eine Lampe, die zu wenig Licht abgab, um physiologisch wirksam zu sein.
Verbesserung um das Dreifache
Das Ergebnis: „Wir haben signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gefunden“, berichtet Fagiolini. Bei den Männern, die die echte Lichttherapie erhalten hatten, waren die Testosteronwerte von anfangs 2,3 Nanogramm pro Milliliter Blut auf 3,6 angestiegen. In der Placebogruppe dagegen blieben sie unverändert.
Die morgendliche Lichtdusche wirkte sich jedoch auch auf die sexuelle Erregbarkeit aus: Während die Probanden ihre Befriedigung vor der Therapie nur auf zwei von zehn Punkten einstuften, lagen sie hinterher bei 6,3, wie die Forscher berichten. „Das ist eine mehr als dreifache Steigerung“, so Fagiolini. Die Männer in der Placebogruppe lagen dagegen nach ihrer Pseudo-Lichttherapie nur bei 2,7 Punkten.
Umfangreichere Studien nötig
Nach Ansicht der Forscher gleicht die Lichttherapie das fehlende Licht im Winterhalbjahr aus und bringt den Körper damit sozusagen künstlich in Frühlingsstimmung. Ähnlich wie bei der Winterdepression könnte dies daher den Männern helfen, deren Hormonspiegel besonders sensibel auf die wechselnden Tageslängen reagieren.
„Wir sind aber noch nicht in dem Stadium, wo wir dies allgemein als Behandlung empfehlen können“, betont Fagiolini. Denn noch seien es zu wenig Teilnehmer, um grundsätzliche Aussagen treffen zu können. Zudem ist noch unklar, wie lange die Effekte der Lichttherapie anhalten. „Sollte sich diese Therapie jedoch in einer weiteren größeren Studie bewähren, dann könnte dies ein therapeutischer Fortschritt sein“, so der Forscher.
Dennoch ist es in jedem Fall wichtig, die Ursache für die sexuelle Unlust medizinisch abzuklären, wie die Wissenschaftler betonen. Denn neben dem saisonal bedingten Testosteronmangel können auch ernste Erkrankungen dahinterstecken. (ECNP Conference, 2016)
(European College of Neuropsychopharmacology, 19.09.2016 – NPO)