Haarschäden durch dicke Luft: Wenn die Haare strohig und fleckig werden, dann ist nicht immer falsche Pflege schuld. Denn auch eine starke Luftverschmutzung kann die Haarstruktur messbar schädigen, wie nun eine Studie enthüllt. Demnach führen organische Luftschadstoffe zur Zerstörung von Pigmenten und zu feinsten Brüchen. Zudem verstärken sie die Schadwirkung der UV-Strahlung der Sonne, wie die Forscher berichten.
Ein gesundes, glänzendes Kopfhaar gilt als wichtiges Schönheitsmerkmal. Doch unser Haar hat es nicht leicht. Denn nachdem die einzelnen Haare vom Follikel gebildet wurden, sind sie nur noch totes Material. Sie bestehen größtenteils aus Keratinfasern und abgestorbenen Zellen, in die farbgebende Pigmente eingelagert sind. Wenn durch Umwelteinflüsse wie die Sonneneinstrahlung, Chemikalien oder mechanische Reize Schäden entstehen, kann das Haar sie daher nicht mehr selbst reparieren.
Wie wirkt die Luftverschmutzung auf das Haar?
Doch es gibt noch einen Faktor, der unseren Haaren zusetzen kann: die Luftverschmutzung. Das enthüllt nun eine Studie, die Gregoire Naudin vom L’Oreal Forschungszentrum gemeinsam mit Kollegen vom Luxemburger Institut für Gesundheit durchgeführt haben. Die Forscher sammelten dafür Haarproben von jeweils rund 100 Frauen im Alter von 25 bis 45 Jahren in den chinesischen Städten Baoding und Dalian. Beide Städte liegen in ähnlicher Lage und besitzen ein vergleichbares Klima.
Der entscheidende Unterschied jedoch: Baoding hat eine deutlich höhere Luftverschmutzung als Dalian, wie Messungen über mehrere Monate hinweg bestätigten. Die Werte für Feinstaub, Ozon, Stickoxide und Schwefeldioxid, aber auch für organische Schadstoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind demnach in Baoding dauerhaft höher als in Dalian.
„Leere Zonen “ im Haar
Würden sich diese Unterschiede auch in den Haarproben bemerkbar machen? Um das herauszufinden, untersuchten die Forscher bei allen Haarproben einen Abschnitt rund 20 Zentimeter von der Wurzel entfernt – dies entspricht einem Haaralter von rund 1,5 Jahren. Sie analysierten die Mikrostruktur der Haare mittels Elektronenmikroskopie und nutzten die Gaschromatografie, um den Gehalt von PAKs in den Haarproben zu bestimmen.
Das Ergebnis: Tatsächlich zeigten sich klar erkennbare Unterschiede zwischen den Haarproben: Die Haare, die der stärker verschmutzten Luft in Baoding ausgesetzt waren, wiesen deutlich mehr weißliche, leere Zonen auf. „Solche Schäden werden auch in chemisch behandeltem und mit der Zeit gealtertem Haar beobachtet“, berichten Naudin und seine Kollegen. Diese Leerstellen entstehen demnach, wenn Pigmente, Zellen und andere biologische Komponenten durch Brüche und andere Mikroschäden verloren gehen.
Mehr PAKs – mehr Haarschäden
Eine weitere Analyse enthüllte: Die Haare, die die höchsten Gehalte an PAKs aufweisen, zeigten auch die meisten Mikroschäden. Dieser Zusammenhang zeigte sich auch dann noch, als die Forscher die Haarproben aus beiden Städten mischten und nur nach ihrer Schadstoff-Kontamination gruppierten. Die am stärksten kontaminierten Haare hatten dabei im Schnitt zwei Kutikulaschichten pro Jahr verloren und 2,7 Prozent mehr Schäden an der keratinhaltigen Faserschicht des Haares davongetragen. Beim wenig kontaminierten Haar waren es dagegen nur eine Kutikulaschicht und 0,67 Prozent Schäden pro Jahr, wie Naudin und sein Team berichten.
„Das ist unseres Wissens das erste Mal, dass ein Zusammenhang von PAK-Konzentrationen in den Haaren mit ausgeprägten strukturellen Veränderungen gefunden wird“, sagen die Forscher. „Die natürlich auftretenden Schäden erscheinen bei Haaren mit höheren PAK-Konzentrationen schneller.“ Sie vermuten, dass die organischen Schadstoffe aggressive Sauerstoffverbindungen im Haar freisetzen, die Zellen und Keratinfasern schädigen.
Sensibler gegenüber UV-Strahlung
Doch noch etwas zeigte sich: Wurden die Haare einer UV-Strahlung ausgesetzt, wie sie bei 60 Sonnentagen natürlicherweise auftritt, reagierten sie je nach Schadstoffbelastung unterschiedlich. Die Haare mit erhöhter PAK-Konzentration reagierten sensibler auf die UV-Strahlung und bildeten mehr als doppelt so viele neue Schäden, wie die Forscher feststellten. Sie schließen daraus, dass die Präsenz der Schadstoffe und der von ihnen erzeugten aggressiven Sauerstoffverbindungen die Schadwirkung der UV-Strahlung verstärkt.
Nach Ansicht der Forscher demonstriert dies, dass Luftschadstoffe wie PAKs nicht nur unserer Gesundheit schaden, sondern auch unseren Haaren. Sie verursachen Schäden an der Mikrostruktur der Haare und verschlimmern die Schadwirkung von UV-Strahlung. „Unsere Ergebnisse deuten zudem daraufhin, dass diese negativen Effekte der PAKs auch in anderen menschlichen Geweben wie der Haut auftreten könnten“, sagen Naudin und seine Kollegen. (Proceedings of the National Academy of Sciences, 2019; doi: 10.1073/pnas.1904082116)
Quelle: Proceedings of the National Academy of Sciences