Medizin

Macht das Zika-Virus Männer unfruchtbar?

Infektion schrumpft und schädigt die Hoden und senkt Spermienzahl bei Mäusen

Studien an Mäusen deuten darauf hin, dass das Zika-Virus die Hoden schädigen und die Fruchtbarkeit von Männern beeinträchtigen könnte. Hier Zika-Viren (vlua) in Gewebe. © CDC

Schleichende Entmannung? Eine Infektion mit dem Zika-Virus könnte bisher unerkannte Folgen für Männer haben, wie Versuche mit Mäusen nahelegen. Bei ihnen führte das Virus zu einer Schrumpfung der Hoden, zu sinkenden Testosteronspiegeln und zu einer zehnfach geringeren Zahl mobiler Spermien, wie Forscher im Fachmagazin „Nature“ berichten. Noch ist nicht sicher, ob und wie stark dies auch beim Menschen der Fall ist, die Wissenschaftler halten es aber für möglich.

Lange galt das Zika-Virus als Gefahr nur für schwangere Frauen. Denn es kann beim Ungeborenen Fehlbildungen von Schädel und Gehirn verursachen, die sogenannte Mikrozephalie. Inzwischen aber häufen sich die Indizien dafür, dass das Virus bei Erwachsenen die Nervenkrankheit Guillain-Barré Syndrom und schleichende Schäden an neuronalen Stammzellen verursachen kann.

Zellschäden im Hoden

Eine weitere, bisher unerkannte Folge der Zika-Infektion könnten nun Jennifer Govero und ihre Kollegen von der Washington University in St. Louis aufgedeckt haben. Anstoß für ihre Studie waren Berichte über Zika-Viren im Ejakulat von infizierten Männern. Um die möglichen Folgen zu untersuchen, infizierten sie männliche Mäuse mit dem Zika-Virus und verfolgten, wie sich dies auf die Hoden, die Testosteronproduktion und die Spermiengesundheit auswirkte.

Das Ergebnis war ziemlich erschreckend: Bereits eine Woche nach der Infektion war das Zika-Virus in den Hoden der Mäuse nachweisbar. Nach zwei Wochen zeigten sich erste Schäden an den Hodenzellen und die Hoden begannen zu schrumpfen, wie die Forscher feststellten. Betroffen waren vor allem die Sertoli-Zellen, die einerseits eine Barriere zwischen Blutbahn und Hoden bilden und andererseits die reifenden Spermien ernähren.

Mäusehoden vor (links) und drei Wochen nach der Zika-Infektion. © Prabagaran Esakky

Hoden nur noch ein Zehntel so groß

Drei Wochen nach Infektion waren die Mäusehoden auf nur noch ein Zehntel ihrer ursprünglichen Größe geschrumpft. „Histologische Analysen enthüllten eine nahezu komplette Zerstörung des Samenkanälchen-Epithels und verengte Hohlräume“, berichten Govero und ihre Kollegen. „Die Spermien waren von nekrotischen Körpern durchsetzt.“

Diese Schäden gingen auch sechs Wochen nach der Zika-Infektion nicht wieder zurück. „Wir wissen nicht sicher, ob der Schaden irreversibel ist“, sagt Koautor Michael Diamond. „Aber ich vermute dies, weil die Zellen, die die interne Struktur des Hodens bilden, befallen und zerstört worden sind.“

„Gravierende Symptome der Unfruchtbarkeit“

Diese Schäden in den Hoden wirkten sich auch auf Hormonhaushalt und Fruchtbarkeit der infizierten Mäuse aus. Sechs Wochen nach der Infektion war die Zahl beweglicher Spermien in ihrem Ejakulat um das Zehnfache gesunken, wie die Forscher berichten. Gleichzeitig hatte sich auch der Testosteronspiegel der Mäuse um fast das Zehnfache abgesenkt.

„Das ist das einzige Virus, das ich kenne, das so gravierende Symptome der Unfruchtbarkeit hervorruft“, konstatiert Koautor Kelle Moley. „Es gibt auch nur wenige Mikroben, die die Barriere zwischen Blutbahn und Hoden passieren können und damit die Hoden direkt befallen können.“ Wie sich nun zeigt, gehört das Zika-Virus nicht nur dazu, es kann auch schwere Schäden hinterlassen.

Hodengewebe einer gesunden Maus (links) mit vielen sich entwickelnden Spermien (rosa) und nach einer Zika-Infektion. Jetzt sind kaum mehr SPermien vorhanden und die interne Struktur des Gewebes ist zerstört. © Prabagaran Esakky

Ähnliche Folgen beim Menschen?

Die entscheidende Frage ist nun, ob die Zika-Infektion auch bei menschlichen Männern solche Folgen haben kann. Auch wenn dafür noch die Daten fehlen, halten die Forscher dies für durchaus möglich. „Zwar war unsere Studie an Mäusen, sie spricht aber dafür, dass auch Männer nach einer Zika-Infektion zumindest unter niedrigen Testosteronspiegeln und verringerten Spermienzahlen leiden könnten“, sagt Diamond.

Ob allerdings die Folgen so dramatisch ausfallen wie bei den Mäusen, erscheint eher unwahrscheinlich. „Würde ein Mann bemerken, wenn seine Hoden schrumpfen? Ja wahrscheinlich“, sag Moley. Darüber gab es jedoch bisher trotz vieler mit Zika infizierter Männer keine Berichte. Die Forscher gehen daher davon aus, dass die Folgen beim Menschen möglicherweise weniger auffällig und schwerwiegend sind.

Testosteronmangel und Unfruchtbarkeit

Weniger leicht festzustellen wären allerdings Folgen der Virusinfektion für Spermienzahl und Fruchtbarkeit. „Menschen finden meist erst heraus, dass sie unfruchtbar sind, wenn sie versuchen ein Kind zu bekommen“, sagt Moley. „Das aber kann erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Infektion der Fall sein.“

Nach Ansicht des Forschers könnte sich daher ein Hodenschaden durch die Zika-Infektion am ehesten an den Testosteronwerten infizierter Männer ablesen lassen. „Wenn die Testosteronwerte bei den Männern ähnlich sinken wie bei den Mäusen, dann müssten wir vermehrt Männer bei den Ärzten finden, die dieses Symptom aufweisen“, so Moley. Er und seine Kollegen empfehlen in jedem Falle dringend, die möglichen Folgen für infizierte Männer nun gezielt zu untersuchen. (Nature, 2016; doi: 10.1038/nature20556)

(Washington University School of Medicine, 02.11.2016 – NPO)

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