Spieglein, Spieglein…. Männer sind die größten Narzissten im ganzen Land, das hat eine Studie nun ergeben. Gerade im Anspruchsdenken und Machtstreben sind Männer demnach deutlich narzisstischer veranlagt als Frauen, unabhängig von Lebensalter und Generation.In puncto Ichbezogenheit und Eitelkeit allerdings nehmen sich beide Geschlechter nichts, wie die Forscher im „Psychological Bulletin“ berichten.
Sie lieben sich selbst am meisten – das behauptet man von Narzissten. Aber Narzissmus ist sehr facettenreich. Er kann von einer gesunden Selbstsicherheit bis dahin reichen, dass man sich selbst über alle anderen stellt. Aber wer ist narzisstischer? Männer oder Frauen? Auch wenn Männer schon länger als selbstbezogener gelten, schließlich stammt das Wort auch von dem Jüngling Narziss aus der griechischen Mythologie ab, eine Studie über das Ausmaß, die Variabilität und Stabilität über mehrere Generationen und Dekaden hinweg, gab es noch nicht.
Fast eine halbe Millionen Daten analysiert
Um das zu klären, analysierten Emily Grijalva von der University at Buffalo School of Management und ihre Kollegen mehr als 355 Veröffentlichungen, Dissertationen, Manuskripte und Handbücher aus drei Jahrzehnten. Insgesamt sammelten sie so Daten von über 475.000 Studienteilnehmern und arbeiteten hinsichtlich der Geschlechtsunterschiede drei Aspekte heraus: Anspruchsdenken, Größenwahn/Exhibitionismus und Führung/Autorität.
Wie sich die Selbstbezogenheit äußert, kann dabei sehr widersprüchlich sein: „Narzissmus wird mit verschiedenen interpersonellen Störungen in Verbindung gebracht. Dazu gehören die Unfähigkeit eine lange und gesunde Beziehung zu führen, unethisches Verhalten und Aggression“, sagt Grijalva. „Gleichzeitig zeigt sich Narzissmus in einer Steigerung des Selbstwertgefühls, emotionaler Stabilität und der Tendenz als Führungskraft aufzutreten.“
Männer sind narzisstischer
Die Auswertung der Daten zeigte klare Geschlechtsunterschiede: Männer neigen demnach eher zum Narzissmus als Frauen – und dies unabhängig vom Alter. Dies zeigt sich unter anderem im Anspruchsdenken. Männer fühlen sich auch heute noch stärker berechtigt, bestimmte Privilegien in Anspruch zu nehmen und einzufordern, wie die Forscher berichten.
Außerdem zeigte sich, dass Männer sich häufiger in Führungspositionen sehen und weniger Scheu als Frauen haben, für ihr Fortkommen auch andere auszunutzen. Dies ging einher mit einem autoritären Denken: „Im Vergleich zu Frauen zeigen Männer mehr Durchsetzungsvermögen und Machtstreben“, sagt Grijalva. „Hingegen fanden wir keinen Unterschied im exhibitionistischen Verhalten. Das bedeutet, dass beide Geschlechter gleich eitel und ichbezogen sind.“ Und dabei waren die Menschen vor zwanzig bis dreißig Jahren genauso ichbezogen wie heute, berichten die Forscher.
Stereotype festigen Narzissmus
Ein Grund für die Funde könnten stereotypische Geschlechterrollen sein, die in der Gesellschaft fest verankert sind und die es trotz formeller Gleichberechtigung immer noch gibt. Erfahrungen wie das Fehlen von Frauen in Chefpositionen können die Unterschiede im narzisstischen Denken noch puschen und weiter ausbauen, vermuten die Forscher.
„Gerade Frauen werden hart dafür kritisiert, aggressiv und gebieterisch zu sein“, sagt Grijalva. „Das übt daher Druck auf sie aus, mehr als bei Männern, ihr narzisstisches Verhalten zu unterdrücken.“ Die Funde können sowohl im klinischen als auch im sozialen Bereich eine wichtige Rolle spielen. (Psychological Bulletin, 2015; doi: 10.1037/a0038231)
(University at Buffalo, 06.03.2015 – MAH)