Medizin

Medizin-Nobelpreis: Australische Dogmenbrecher vor Dolly-Vater

Entdecker des Magenbakteriums Helicobacter pylori erhalten Auszeichnung

Helicobacter pylori © Karolinska Institut

Sie wurden ausgelacht, ihre undogmatischen Methoden kritisiert und ihre Erkenntnisse als unseriös abgetan, doch jetzt wird ihre Beharrlichkeit belohnt: Für ihre Entdeckung des Bakteriums Helicobacter pylori und seine Verbindung mit Magengeschwüren erhalten die australischen Forscher Barry Marshall und Robin Warren den diesjährigen Nobelpreis für Medizin.

Damit setzten sich die einstigen Außenseiter des Medizinestablishments gegen so prominente Kandidaten wie Luc Montagnier, den Mitentdecker des Aids-Virus und Ian Wilmut, den Schöpfer des Klonschafs Dolly durch. In ihrer Begründung hebt das schwedische Nobelpreiskommitee die Beharrlichkeit hervor, mit der die beiden Forscher ihre Erkenntnisse gegen das vorherrschende Dogma vertraten und schließlich belegen konnten.

Als das Bakterium im Jahr 1982 von Warren erstmals entdeckt wurde, galten noch Stress und ungesunder Lebensstil als Hauptursachen für Magengeschwüre. Doch der Pathologe im australischen Perth, stellte in mehr als der Hälfte seiner routinemäßigen Magengewebeproben kleine stäbchenförmige Bakterien fest. Sie waren vor allem dann zu finden, wenn das Gewebe deutliche Spuren einer Entzündung zeigte.

Marshall, zum damaligen Zeitpunkt junger Assistenzarzt, griff diese Ergebnisse auf und machte systematische Untersuchungen an Patienten. Es zeigte sich, dass es nahezu immer präsent war, wenn die Personen an Magenentzündungen oder –geschwüren litten. Gemeinsam gelang es beiden Forschern, das bis dahin unbekannte Bakterium zu bestimmen und zu kultivieren. Sie veröffentlichten ihre Hypothese über einen Zusammenhang zwischen Bakterium und krankhaften Veränderungen der Magenschleimhaut – und wurden zunächst überhaupt nicht ernst genommen.

Helicobacter pylori © Karolinska Institut

Erst nachdem auch andere die Ergebnisse bestätigten und Barry Marshall in einem Selbstversuch durch Schlucken einer Bakterienbrühe bei sich eine Magenentzündung auslöste, begann sich die Haltung des Medizinestablishments zu wandeln. Inzwischen gilt es als belegt, dass Helicobacter pylori für mehr als 90 Prozent der Zwölffingerdarmgeschwüre und rund 80 Prozent der Magengeschwüre verantwortlich ist. Auch für bestimmte Krebsformen gilt der Mikroorganismus inzwischen als Risikofaktor und Mitauslöser.

Die Entdeckung eines Bakteriums als Ursache für eine der verbreitetsten Entzündungen des Menschen hat auch Auswirkungen für weitere Forschungen: Da auch Krankheiten wie Morbus Crohn, rheumatoider Arthritis und Artherosklerose eine chronische Entzündung zugrunde liegt, konzentriert sich nun auch hier die Suche auf einen möglichen mikrobiellen Auslöser. Oder, wie es das Nobelpreiskommitee formuliert: „Die Entdeckung von Helicobacter pylori hat das Verständnis der Verbindung zwischen chronischer Infektion, Entzündung und Krebs entscheidend verbessert.“

(Karolinska Institut, 04.10.2005 – NPO)

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