Medizin

Methylenblau für ein besseres Gedächtnis?

Farbstoff regt das Gehirn an

Erinnerungslücke? Der Farbstoff Methylenblau könnte helfen © anilakkus/ iStock.com

Gegen das Vergessen: Der Farbstoff Methylenblau kann womöglich das Kurzzeitgedächtnis stärken. Das legt nun ein Experiment nahe. Hatten Versuchsteilnehmer eine Dosis des Stoffs geschluckt, zeigte sich ihr Gehirn bei Aufmerksamkeits- und Erinnerungstests deutlich aktiver. Auch ihre tatsächliche Leistung verbesserte sich. Ob Methylenblau wirklich als Medikament – beispielsweise gegen Demenz – taugt, müssen nun weitere Untersuchungen zeigen.

Methylenblau kennen viele aus dem Chemieunterricht als Indikator, der Farbstoff wird aber auch in der Medizin zu diagnostischen Zwecken und sogar als Therapeutikum eingesetzt. So hat sich der Stoff bereits bei der Malaria-Bekämpfung als wirksam erwiesen und kann auch Methämoglobinämie-Patienten helfen, die unter einer mangelnden Sauerstoffversorgung leiden.

Tierstudien deuten zudem darauf hin, dass Methylenblau die Gedächtnisleistung verbessern könnte. „Das haben Versuche an Nagern in den 1970er Jahren gezeigt. Seitdem ist diese mögliche Wirkung jedoch nie weiter untersucht worden“, sagt Timothy Duong von der University of Texas in San Antonio. Er und sein Team haben das nun geändert – und erstmals den Einfluss des Farbstoffs auf das menschliche Gehirn untersucht.

Erinnerungstest unter Methylenblau-Einfluss

Für ihre Studie testeten die Wissenschaftler, wie sich Methylenblau auf die Aufmerksamkeit und das Erinnerungsvermögen von gesunden Probanden auswirkt. Insgesamt 26 Personen im Alter zwischen 22 und 62 Jahren ließen sie zu diesem Zweck bestimmte Aufgaben lösen – vor, während und nach dem Experiment beobachteten die Forscher ihre Gehirnaktivität mithilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT).

Tatsächlich entdeckten sie dabei einen deutlichen Effekt des Farbstoffs: Bei Aufgaben, bei denen es um die Reaktionszeit der Probanden ging, löste das Methylenblau eine erhöhte Aktivität in einer der zuständigen Gehirnregionen aus: der Inselrinde. Gleiches galt für Experimente, bei denen die Teilnehmer ihr Kurzzeitgedächtnis bemühen mussten. In diesem Fall war unter anderem der präfrontale Kortex deutlich aktiver.

Diese Beobachtungen spiegelten sich auch in der tatsächlichen Leistung wider. So verbesserten sich die Probanden beim Erinnerungstest unter Methylenblau-Einfluss immerhin im Schnitt um sieben Prozent. „Die Ergebnisse legen nahe, dass schon eine einmalige Gabe des Farbstoffs Netzwerke im Gehirn beeinflussen kann, die mit dem Kurzzeitgedächtnis und Aufmerksamkeit zu tun haben“, schreiben die Forscher.

Farbstoff als Medikament bei Demenz?

Zwar lassen sich mit der aktuellen Untersuchung noch keine klaren Aussagen zum therapeutischen Potenzial des Farbstoffs treffen – ein Anfang aber ist gemacht. „Unsere Studie bietet eine gute Grundlage für weitere klinische Untersuchungen“, sagt Duong. Bestätige sich der Effekt, könnten künftig zum Beispiel alternde Menschen oder Patienten mit Demenz von einer Behandlung mit Methylenblau profitieren, schließt das Team. (Radiology, 2016; doi: 10.1148/radiol.2016152893)

(Radiological Society of North America, 29.06.2016 – DAL)

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