Medizin

Mit der Genschere gegen Herpes?

CRISPR/Cas9 könnte hartnäckige Herpesviren beseitigen helfen

Hornhaut-Entzündung im Auge, verursacht durch das Virus Herpes simplex. © Hilda Schenk/ Universität Utrecht

Sabotierte Viren: Den Genschere CRISPR/Cas9 könnte gegen hartnäckige Infektionen mit Herpesviren helfen. Denn wie ein Experiment zeigt, kann man mit ihr gezielt schädliche Mutationen ins Virenerbgut einschleusen. Solcherart sabotiert, können sich die Viren in unseren Zellen nicht mehr vermehren. Teilweise lassen sich dadurch sogar ruhende, im Körper versteckte Viren aufspüren und beseitigen.

Herpesviren sind hartnäckig: Wer einmal mit Herpes simplex oder einem seiner Verwandten infiziert ist, der wird diese Erreger sein Leben lang nicht mehr los. Denn statt vom Immunsystem beseitigt zu werden, tarnen sich die Viren, indem sie in einen Ruhezustand verfallen. Sie bleiben so jahrelang als latente Infektion im Körper verborgen. Ist dann unser Immunsystem geschwächt, werden sie wieder aktiv und können dann Lippenbläschen, Genitalherpes, Fehlbildungen bei Föten und sogar Krebs verursachen.

Doch ein brandneues Biotech-Werkzeug könnte nun helfen, das Wiederaufflammen solcher Infekte zu verhindern und vielleicht sogar die Herpesviren ganz beseitigen: die Genschere CRISPR/Cas9. Denn mit ihr könnte man das Genom von latenten Viren im Körper gezielt so verändern, dass die Viren nicht mehr aktiv werden und sich vermehren können.

Sabotage im Virengenom

„Wir wollten herausfinden, ob das CRISPR/Cas9-Syystem so angepasst werden kann, dass es die Herpesvirus-Infektion während der latenten und aktiven Phase des viralen Lebenszklus hemmt“, erklären Robert Lebbink von der Universität Utrecht und seine Kollegen. Dafür modifizierten sie die Genschere so, dass sie an entscheidenden Teilen des Virengenoms ansetzt und diese durch Mutationen funktionsunfähig macht.

Die Genschere CRISPR/ Cas9 eröffnet neue Möglichkeiten, das Erbgut zu editieren. © Wildpixel/ iStock.com

Die Wirksamkeit dieser Strategie testen die Forscher an drei Vertretern der Herpesviren: dem für die Lippenbläschen verantwortlichen Herpes simplex-Virus (HSV-1), dem Fehlbildungen bei Föten erzeugenden Cytomegalie-Virus (HCMV) und dem Epstein-Barr-Virus, das Pfeiffersches Drüsenfieber und Krebs auslösen kann. In allen Fällen ließen die Forscher ihre Genschere auf von den Viren infizierte menschliche Zellen in Kultur los.

Erfolgreich eliminiert

Und es funktionierte: Schon das Einschleusen von nur zwei Mutationen durch die Genscheren führte beim Epstein-Barr-Virus dazu, dass nach kurzer Zeit bis zu 95 Prozent der Viren aus den infizierten Zellkulturen verschwunden waren. „Wir vermuten, dass die gleichzeitige Anwendung weiterer Genscheren-Varianten die völlige Auslöschung des Virus erleichtern könnte“, so die Forscher.

Bei den Herpes simplex und Cytomegalie-Viren gelang es zumindest, die Vermehrung der Viren bei ihrer Reaktivierung zu hemmen. „Bei Kombination von zwei CRIPR/Cas9-Varianten wurde die Bildung neuer infektiöser HSV-1 komplett blockiert“, berichten Lebbink und seine Kollegen. Gleichzeitig beobachteten sie keine Fehlschnitte der Genscheren, beispielsweise irrtümlicherweise im Genom der Wirtszellen.

Lippenbläschen sind typisch für eine Infektion mit Herpes simplex © gemeinfrei

Latenter Lippenherpes schützt sich

Noch hat die Genscheren-Therapie aber einen Haken: Ausgerechnet bei latenten Herpes simplex-Viren wirkt sie nicht, wie die Experimente ergaben. Die Forscher vermuten, dass das Genom dieser Viren zumindest in Zellkulturen im Ruhezustand so gut verpackt ist, dass die Genscheren schlicht nicht an ihre Zielstellen gelangen.

Allerdings könnte dieses Problem im lebenden Organismus möglicherweise gar nicht vorkommen oder zumindest schwächer ausfallen. „Um zu klären, ob CRISPR/Cas9 doch latente HSV-1 angehen kann, benötigen wir zusätzliche in vitro und in vivo Versuche“, sagen Lebbink und seine Kollegen. Aber sie sind zuversichtlich: „Unsere Erkenntnisse könnten die Entwicklung von effektiven therapeutischen Strategie gegen humane Herpesviren sowohl bei latenten als auch bei aktiven Infektionen erlauben.“ (PLOS Pathogens, 2016; doi: 10.1371/journal.ppat.1005701)

(PLOS, 01.07.2016 – NPO)

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