Hoffnung für Krebspatienten? Ein altbekanntes Antidepressivum könnte gegen Darmtumore und Pankreaskrebs wirken, wie Tests mit Mäusen nahelegen. Das Mittel verlangsamte das Tumorwachstum bei den Tieren deutlich. In Verbindung mit einer Immuntherapie stoppte das Krebswachstum sogar ganz. Ursache ist die Wirkung des Antidepressivums auf den Botenstoff Serotonin, den die Krebszellen für ihre Tarnung vor den Abwehrzellen benötigen, wie die Forscher herausfanden.
Der Botenstoff Serotonin ist vor allem wegen seiner Wirkung als „Glückshormon“ im Gehirn bekannt: Fehlt er, kann eine Depression die Folge sein. Viele gängige Antidepressiva sind daher Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, die die Konzentration des Botenstoffs im Gehirn hoch halten. Doch ein Großteil des körpereigenen Serotonins wird nicht im Gehirn ausgeschüttet, sondern in der Darmschleimhaut produziert und dann von Blutplättchen aufgenommen und gespeichert. Dieses Serotonin beeinflusst unter anderem den Verdauungstrakt und das Herz-Kreislauf-System.

Doppelt günstig für Krebstumore
Doch das ist nicht alles: Bestimmte Krebszellen profitieren ebenfalls von der Präsenz des Serotonins, wie Marcel Schneider von der Universität Zürich und seine Kollegen herausgefunden haben. Wie sie in zellbiologischen Tests herausfanden, nutzen die Tumorzellen das „Glückshormon“, um die Aktivität von Abwehrzellen des Immunsystems zu hemmen. „Das periphere Serotonin schwächt die Aktivität der zytotoxischen T-Zellen in den Tumoren“, erklären die Forscher.
Gleichzeitig hat das Serotonin noch einen zweiten Effekt: Mithilfe dieses Botenstoffs erzeugen die Krebszellen das immunhemmende Molekül PD-L1. Dieses bindet an die T-Zellen und verhindert damit zusätzlich, dass sie die Krebszelle zerstören oder „Alarm“ schlagen. Die Krebszellen entgehen so der Zerstörung durch das Immunsystem – unser Abwehr wird für die Tumore „blind“. „Dieser doppelt immunhemmende Effekt des Serotonins begünstigt damit das Tumorwachstum“, erklärt das Team.