Unter Strom: Neurochirurgen haben einen neuen Ansatz entwickelt, um Patienten mit chronischen Schmerzen im Knie zu helfen. Dabei stimuliert eine implantierte Elektrode über leichte elektrische Impulse gezielt die betroffenen Nerven im Knie. Dieses „Störsignal“ schaltet die Schmerzwahrnehmung aus. Für wen sich die Methode eignet, kann mit einem einfachen Test bestimmt werden.
In Deutschland bekommen jährlich rund 150.000 Menschen ein künstliches Kniegelenk. Grund für eine solche Operation sind meist eine fortgeschrittene Arthrose infolge von Verschleiß oder eine Knieverletzung, die zu Nervenschäden und chronischen Schmerzen führen. Der Eingriff soll die Schmerzen mindern, doch manchmal bleibt die erhoffte Linderung durch eine Knie-Endoprothese aus.
Die Betroffenen sind dann dauerhaft auf starke Schmerzmedikamente angewiesen. Die Präparate können jedoch heftige Nebenwirkungen haben und wirken nicht gezielt am Knie, sondern im ganzen Körper.
Elektrostimulation verhindert Schmerzen
Mediziner vom Universitätsklinikum Dresden haben nun eine neuartige Therapie entwickelt, die chronische Schmerzen auf andere Weise lindern kann. Dafür setzen die Neurochirurgen eine dünne Elektrode ins Knie der Patienten ein und platzieren sie direkt auf dem betroffenen Nerv. Dort gibt die Elektrode kontinuierlich leichte elektrische Impulse ab und stimuliert so die Nervenzellen. Durch dieses „Störsignal“ wird die Weiterleitung des Schmerzsignals an das Gehirn unterbrochen und der Schmerz ausgeschaltet.
Das behebt zwar nicht den Knieschaden und die Schmerzursache, verhindert aber, dass die Betroffenen den Schmerz wahrnehmen. „Der Großteil von ihnen berichtet von einer Schmerzreduktion von über 50 Prozent, woraufhin die Schmerzmedikation reduziert werden kann“, wie die Ärzte berichten. In Einzelfällen sind die Patienten nach dem Einsatz der Elektrode sogar komplett schmerzfrei. Stattdessen spüren sie nur noch ein leichtes Kribbeln. Für die Betroffenen bedeutet das mehr Bewegungsfreiheit.
Einfacher Test ermittelt Erfolgsaussichten
Insgesamt hat sich diese Methode als wirksam bei chronischen Knieschmerzen erwiesen, wie das Team berichtet. „Die periphere Nervenstimulation hat sich als effektive Therapie bei Schmerzpatientinnen und -patienten etabliert und sorgt für wesentlich mehr Lebensqualität bei den Betroffenen“, sagt Ilker Eyüpoglu, Direktor der Dresdner Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie.
Grundsätzlich kommt diese Methode bei allen chronischen Schmerzen nach Nervenverletzungen durch Unfälle oder Operationen an Armen und Beinen in Frage, so die Mediziner. Da allerdings auch dieser operative Eingriff nicht allen Menschen mit chronischen Schmerzen hilft, muss vorab getestet werden, wie groß die Erfolgsaussichten im Einzelfall sind. Dafür wird der infrage kommende Nerv für wenige Stunden lokal betäubt. Nur wenn dies die Schmerzen unterdrückt, haben die Ärzte einen Nerv gefunden, der auch auf die Elektrostimulation anspringen würde. Genau auf diesen Nerv wird dann die dünne Elektrode implantiert.
Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden