Körpereigene Zellen „fressen“ bei chronischen Mittelohrentzündungen die Gehörknöchelchen auf und bedrohen so unter anderem den Gleichgewichtssinn. Warum die knochenabbauenden Zellen ein solches Zerstörungswerk anrichten und welche Substanzen sie daran hindern können hat jetzt Jörg Ebmeyer von der Ruhruni Bochum herausgefunden.
Zersetzung des Knochens von innen heraus
Bei Mittelohrentzündungen, so genannten Cholesteatomen, wuchern Hautzellen in den Mittelohrraum hinein und bilden dort einen schuppigen Pfropf, der eine chronische Entzündung verursacht. Bestimmte Botenstoffe (Zytokine), die durch die Entzündung entstehen, regen die knochenabbauenden Zellen des Körpers (Osteoklasten) zur Mehrarbeit an: Sie zersetzen die Gehörknöchelchen und anderen Knochen in der Umgebung.
Um herauszufinden, wie genau sie das tun, untersuchte Ebmeyer operativ entnommene Gehörknöchelchen unter dem Rasterelektronenmikroskop. Es zeigte sich, dass der Knochenabbau in verschiedenen Stadien abläuft. Dabei bilden sich an der Oberfläche der Knöchelchen Hohlräume, bis sie völlig zerstört sind. Auffällig war außerdem, dass die sog. Haversschen Kanäle im Inneren der Knochen deutlich erweitert waren. „Das deutet auf eine Knochenresorption in den Markräumen ausgehend von Blutgefäßen hin“, folgert Ebmeyer.
Medikamente hemmen den Knochenabbau
Um der Zerstörung durch das Cholesteatom entgegenzuwirken, muss der Pfropf auf jeden Fall operativ entfernt werden. Unterstützend können aber Medikamente wirken, deren Wirkung Ebmeyer ebenfalls untersuchte. Als hemmend für die Osteoklasten stellten sich zum einen das Polypeptidhormon Calzitonin und zum anderen das Bisphosphonat Zoledronat heraus. Da die Stoffe die Aktivität der knochenabbauenden Zellen an unterschiedlichen Punkten angreifen, könnte man sie auch kombinieren.
„Diese Ergebnisse lassen erwarten, dass die Gabe von Zoledronat und Calzitonin lokal oder systemisch als Infusion eine sinnvolle Ergänzung der chirurgischen Therapie des Cholesteatoms sein könnte“, so Ebmeyer.
Für seine Dissertation wurde er Ende April 2004 in Oldenburg mit dem Johannes-Zange-Dissertationspreis ausgezeichnet wurde.
(idw – Ruhr-Universität Bochum, 13.05.2004 – DLO)