Mehr als nur Wohlklang: Wenn wir Musik hören, dann beeinflusst dies sogar die Aktivität unserer Gene, wie ein Experiment nun zeigt. Demnach regelt der Musikgenuss einige Gene hoch, die Lernen und kognitive Leistungen fördern, einige hirnschädigende Gene werden dagegen heruntergefahren. Allerdings: Dieser positive Effekt trat nur bei den Probanden auf, die eine musikalische Vorbildung besaßen. Das könnte erklären, warum sich musikalische Früherziehung so langfristig positiv auswirkt, meinen die Forscher.
Musik ist ein uralter Begleiter des Menschen, sie ist fester Bestandteil von Alltag und Ritualen in nahezu allen Kulturen. Kein Wunder, wirken Rhythmus und Melodien doch noch nur auf unsere Psyche, sondern sogar körperlich: Musik ist gut für das Herz, kann Flugangst lindern und verringert sogar den Energieverbrauch bei körperlicher Anstrengung.
Wie aber wirkt sich Musik auf molekularer Ebene in unseren Körper aus? Ändert sie womöglich auch die Genaktivität in unseren Zellen? Das haben Chakravarthi Kanduri von der Universität Helsinki und seine Kollegen untersucht. Für ihre Studie spielten sie musikalisch vorgebildeten und nicht vorgebildeten Probanden Mozarts Violinkonzert in G-Dur vor. Anschließend entnahmen sie ihnen und einigen Kontrollpersonen, die keine Musik gehört hatten, Blutproben und analysierten darin die Genprodukte – die Proteine und Enzyme, deren Produktion von den Genen unserer DNA kontrolliert wird.
Boost für positive Geneffekte
Und tatsächlich: Nach dem Musikgenuss hatte sich die Genaktivität verändert – allerdings nur bei den musikalisch vorgebildeten Probanden. Bis zu 75 Gene waren bei ihnen hinterher aktiver, weitere gut 30 waren herunter geregelt, wie die Forscher berichten. Unter den durch Musik aktivierten Genen waren unter anderem solche, die das Gedächtnis und Lernen fördern und die die Ausschüttung und den Transport des Glückshormons Dopamin anregen.
Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Geneffekt erklären, warum beispielsweise musikalische Früherziehung sich so nachhaltig positiv auswirkt: „In früheren Studien hat sich schon gezeigt, dass musikalische Erziehung und Training positive Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung, die geistigen Leistungen und das Sprach- und Langzeitgedächtnis hat“, erklären Kanduri und seine Kollegen. Die nun gefundenen Veränderungen am Transkriptom könnten die Basis dafür sein.
Schutz vor Alzheimer und Co?
Unter den durch die Musik gehemmten Genen waren dagegen solche, die unter anderem den Tod von Gehirnzellen fördern, die die Übertragung von Neurotransmittern hemmen und zu oxidativen Schäden an Gehirnzellen führen können. All diese Gene spielen eine Rolle bei neurodegenerativen Erkrankungen, wie die Forscher erklären. Weil die Musik sie herunterregelt, könnte sie sogar aktiv hirnschützend wirken. „Das könnte uns auch den Mechanismus liefern, durch den Musiktherapie bei solchen Krankheiten wirkt“, so Kanduri und seine Kollegen.
Klar scheint demnach, dass Musik sogar auf der Ebene unserer Gene wirkt – allerdings nur, wenn wir zuvor schon mit Musik in Kontakt gekommen sind und eine musikalische Vorbildung besitzen. Ob diese Wirkung auch für andere Musikrichtungen als die hier eingesetzt Klassik gilt, wollen die Forscher nun in weiteren Studien testen. (PeerJ, 2015; doi: 10.7717/peerj.830)
(University of Helsin, 16.03.2015 – NPO)