Ein Glas Wein am Tag ist gut für das Herz: Eine These die sich bis heute noch hartnäckig in der Bevölkerung hält. Doch dem widersprechen nun eine Reihe von aktuellen Studien. Sie belegen, dass auch ein niedriger bis moderater Alkoholkonsum keine herz- und gefäßschützende Wirkung hat. Die Ergebnisse sind aktuell auf dem Kardiologiekongress (ESC) in Rom vorgestellt worden.
Alkohol in Maßen gilt als durchaus gesundheitsfördernd. So soll beispielsweise mäßiges Biertrinken zumindest bei Frauen langfristig vor Herzinfarkt schützen helfen. Ein Glas Rotwein am Tag soll ebenfalls eine gefäßschützende Wirkung entfalten. Dass dafür der Inhaltsstoff Resveratrol verantwortlich ist, wurde allerdings inzwischen widerlegt.
„Es gibt immer wieder Berichte über den positiven Einfluss eines moderaten Konsums von unterschiedlichen alkoholischen Getränken, insbesondere von Wein, auf die Herz- und Gefäßgesundheit“, erklärt Eckart Fleck, Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). „Andere Studien wiederum konnten diese günstige Wirkung nicht bestätigen.
Alkoholkonsum von 20.000 Krankenschwestern
Auf dem Kardiologenkongress haben nun Forscher weitere Studien zu diesem Thema vorgestellt. Für eine dänische Studie hatten Forscher über 20 Jahre den Alkoholkonsum und gesundheitliche Folgen von 20.000 Krankenschwestern untersucht. Hierzu wurden Fragebögen der Krankenschwestern zum Alkoholkonsum ausgewertet.
Die Forscher verglichen diese mit den dänischen diagnosespezifischen Krankenhausregistern, Todesursachen und dem Gesundheitsstatus. Nachdem Gesundheits-, Lebensstil- und psychosoziale Faktoren herausgerechnet wurden, konnten die Forscher jedoch keine gesundheitsfördernde Wirkung von Alkohol feststellen.
Wasser oder Wein
Eine andere Studie aus Israel und den USA untersuchte zwei Jahre lang, den Einfluss moderaten Alkoholkonsums auf das Fortschreiten der Atherosklerose der Halsschlagader. Bei den Patienten war vorab der Diabetes Typ 2 diagnostiziert worden. Die Probanden waren gut eingestellt, konsumierten keinen Alkohol und hielten eine mediterrane Diät ohne Kalorienbeschränkung ein.
Eine 3D-Ultraschallmessung zu Beginn der Untersuchung zeigte, dass bei 55 Prozent der 174 Patienten Plaque in der Halsschlagader vorhanden war. Danach wurden die Personen in drei Gruppen aufgeteilt und erhielten pro Tag entweder 150 Milliliter Mineralwasser, Weißwein oder Rotwein.
Alkohol zeigt kaum Einfluss
Nach zwei Jahren in denen die Probanden täglich nur Wasser oder aber zusätzlich Wein getrunken hatten, zeigte sich kaum eine Veränderung. Die Kalkablagerungen in der Halsschlagader waren sowohl in der Weingruppe, als auch bei der wassertrinkenden Kontrollguppe fast gleich.
Ein schwach positives Resultat gab es aber trotzdem noch:
Bei den Probanden, die am Anfang besonders viele Ablagerungen in der Halsschlagader hatten, hatten sich diese etwas verringert – und das nur bei den Weinkonsumenten. Diese Ergebnisse möchten die Forscher aber noch in einer großen Folgestudie überprüfen.
Nach Ansicht von Fleck ist diese Situation typisch, da es immer wieder Studien gibt, die eine positive Wirkung vom Alkohol belegen und andere, die diesen widersprechen. Daher ist sein Fazit eindeutig: „Wer also etwas für seine Herzgesundheit tun möchte, braucht dafür keinen Alkohol zu trinken“, betont Fleck. „Starker Alkoholkonsum kann sich negativ auf viele Organe unseres Körpers auswirken, auch auf das Herz zum Beispiel durch Rhythmusstörungen oder Pumpschwäche, und sollte jedenfalls vermieden werden.“
(Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e.V., 02.09.2016 – HDI)