Regionale Unterschiede der natürlichen Hintergrundstrahlung können das Krebsrisiko bei Kindern erhöhen, dies zeigt eine neue Studie. Schweizer Forscher haben untersucht, welchen Einfluss die Strahlung aus Boden und Weltall auf die Gesundheit unserer Kleinsten hat. Dabei fanden sie heraus, dass in einigen Regionen das Risiko für die Kinder an Leukämie oder Hirntumoren zu erkranken doppelt so hoch ist wie der Durchschnittswert.
In Deutschland erkranken jährlich etwa 1.800 Kinder und Jugendliche an Krebs. Die häufigsten Krebsarten in diesem Alter sind Leukämien – etwa ein Drittel aller Fälle – und Hirntumore (etwa 20 Prozent). Die Ursachen für diese Erkrankungen sind weitgehend unbekannt. Nur der Einfluss von einer relativ hohen Dosis ionisierender Strahlung gilt als gesicherter Risikofaktor, beispielsweise die von radioaktiven Stoffen ausgehende Strahlung. Kinder gelten dabei als anfälliger und gerade Leukämie und Hirntumore können eine Folge von Strahlungsexposition sein.
Aber auch von natürliche Quellen kann ionisierende Strahlung ausgehen. Ein Beispiel dafür ist Radon, ein leicht radioaktives Edelgas, das beim Zerfall von Uran im Untergrund entsteht. Aber auch die von anderen radioaktiven Elementen im Gestein und aus dem Weltall auf die Erde treffende Strahlung sorgt für eine vergleichsweise geringe, aber allgegenwärtige Dosisleistung (Dosis pro Zeiteinheit). Diese natürliche Hintergrundstrahlung ist jedoch nicht in allen Regionen gleich hoch.
Vergleich von Krebserkrankungen und regionaler Strahlung
Ob und wie sich diese geringe, kontinuierlich anfallende Dosis auf das Krebsrisiko bei Kindern auswirkt, war bislang ungewiss. Die Forschergruppe um Ben Spycher der Universität Bern untersuchte daher nun bei insgesamt mehr als zwei Millionen Kindern, welche Wirkung die regionalen Unterschiede der Strahlenexposition haben.
Die Forschenden analysierten hierfür Daten einer Langzeitstudie, der Schweizerischen Nationalen Kohorte, und Daten des Schweizer Kinderkrebsregisters. Die regionalen Krankheitsfälle verglichen sie mit Strahlungskarten der Schweiz. Die Wissenschaftler berechneten für die Studie zwei Expositionswerte durch Strahlung: Einmal die Strahlungsintensität zum Zeitpunkt der Volkszählung, als auch die anfallende totale Dosisleistung seit der Geburt des Kindes.
Zweifache Hintergrundstrahlung verdoppelt auch Risiko
Die Ergebnisse: In der Studie waren etwa ein Prozent der Kinder erhöhten Belastungen von mehr als 200 Nanosievert pro Stunde (nSv/h) aus Gestein und Kosmos ausgesetzt. Unter diesen Kindern, wurden elf Leukämien und acht Hirntumore beobachtet. Das entspricht bei Leukämie etwa fünf Fällen unter 10.000 Kindern. „Im Vergleich zu Kindern mit einer Exposition von 100 nSv/h oder weniger entspricht dies etwa einer Verdoppelung des Risikos“, sagt Spycher.
Auf das Jahr umgerechnet, lag die Strahlenexposition im Durchschnitt etwa bei 0,96 Millisievert (mSv). Erhöht sich die totale Dosis der seit der Geburt anfallenden Strahlung um ein Millisievert, erhört sich auch das Krebsrisiko um etwa vier Prozent, schätzen die Forscher, sowohl für Leukämie als auch für Hirntumore. Ähnliche Werte hatte vor kurzem eine Studie in Großbritannien ermittelt.
„Diese Risikounterschiede lassen sich nicht durch andere berücksichtigte regionale Unterschiede erklären, wie sozioökonomischer Status, Urbanisierungsgrad, die Nähe zu Autobahnen, Hochspannungsleitungen oder Radio- und TV-Sendern“, sagt Koautorin Claudia Kuehni. „Insgesamt deuten unsere Resultate darauf hin, dass ionisierende Strahlung auch im Niedrigdosisbereich das Krebsrisiko bei Kindern erhöhen kann.“ (Environmental Helath Perpectices, 2015; doi: 10.1289/ehp.1408548)
(Universität Bern, 24.02.2015 – MAH)