Wütend ohne Grund? Nicht unbedingt, berichten Forscher im Fachmagazin „Biological Psychiatry“. Sie konnten mithilfe von bildgebenden Verfahren zeigen, dass krankhafter Jähzorn mehr als ein bloßes Problem der Persönlichkeit sein könnte. Denn Wutpatienten verfügen in einigen Hirnbereichen über bedeutend weniger graue Substanz als gesunde Menschen: Sie haben ein kleineres emotionales Gehirn.
Wenn Wut und Ärger uns immer wieder grundlos überfallen, machen wir uns bei unseren Mitmenschen unbeliebt. Schnell heißt es dann, man lege ein schlechtes Verhalten an den Tag und müsse mal an seiner Einstellung arbeiten. Tatsächlich aber können Wutanfälle ganz objektive Gründe haben. Forscher haben etwa herausgefunden, dass Hunger uns aggressiver macht und mehr Ärger empfinden lässt. Doch nicht immer ist die Ursache so trivial. Auch bestimmte Genvarianten beeinflussen die Ausschüttung wichtiger Hirnbotenstoffe – und fördern dadurch Aggression und schwächen die Impulskontrolle.
Auch die Struktur unseres Gehirns spielt offensichtlich eine Rolle bei der Entstehung von Aggressionen. Mediziner vermuten, das krankhafter Jähzorn durch bestimmte Regionen im fronto-limbischen Teil des Hirns gesteuert wird. Die dortige graue Substanz – der Teil der Hirnrinde, der die Zellkörper der Neuronen enthält – steht im Verdacht, bei Betroffenen verändert zu sein. Wissenschaftler um Emil Coccaro von der University of Chicago haben dies nun näher untersucht – und tatsächlich Auffälligkeiten entdeckt.
Weniger graue Substanz
Mithilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) hat das Forscherteam das Gehirn von 168 Probanden untersucht. 57 der Teilnehmer litten unter pathologischem Jähzorn, der sich durch unvermittelte und von den Patienten kaum kontrollierbare Wutanfälle auszeichnet. Fachleute sprechen von der Intermittent Explosive Disorder, kurz IED. Unter den anderen Teilnehmern waren 53 vollständig gesunde Menschen und 58 mit einer psychiatrischen Erkrankung.