Subtile Vorzeichen: Mithilfe einer Augenuntersuchung könnten in Zukunft Parkinson-Erkrankungen bereits früher erkannt werden, wie eine Studie nahelegt. Denn schon im Frühstadium der Krankheit treten Veränderungen an den kleinen Blutgefäßen der Netzhaut auf, die in Netzhaut-Aufnahmen ablesbar sind. In ersten Tests konnte nun ein entsprechend trainiertes KI-System anhand solcher Aufnahmen Parkinson im Frühstadium erkennen, wie die Forscher berichten.
Parkinson ist mit weltweit über sechs Millionen Betroffenen die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung nach Alzheimer. Bei den Patienten gehen nach und nach die Dopamin-produzierenden Nervenzellen im Gehirn zu Grunde. Die Folge sind zittrige Hände, steife Muskeln und verlangsamte Bewegungen. Häufig kündigt sich die Krankheit jedoch durch unspezifische Beschwerden an: Viele Betroffene leiden zunächst unter Schlafstörungen, Beeinträchtigungen des Geruchssinns oder Magen-Darm-Problemen.
Doch diagnostiziert wird Parkinson meist erst, wenn die Hirnschäden schon weit fortgeschritten und nicht mehr reversibel sind. Deshalb suchen Forscher schon länger nach besseren Methoden der Früherkennung beispielsweise in Form eines Bluttests.
Früherkennung an den Augen
Einen weiteren Ansatz zur Früherkennung von Parkinson hat nun ein Forscherteam um Maximillian Diaz von der University of Florida in Gainesville entwickelt. Ausgangspunkt dafür war die Tatsache, dass der Nervenabbau durch Parkinson relativ früh auch die Netzhaut im hinteren Teil des Augapfels ausdünnt und sich die Blutgefäße der Retina verkleinern.
Diese Anzeichen können bereits früh unter dem Mikroskop erkannt werden, erfordern aber viel Erfahrung und Vergleichsmöglichkeiten. Um dies zu vereinfachen, nutzten die Wissenschaftler einen selbstlernenden Algorithmus namens Support Vector Machine (SVM). Das KI-System trainierten sie zunächst mit Netzhautaufnahmen einer Gruppe von Parkinson-Patienten und einer gesunden Kontrollgruppe, dann testeten sie, ob das System Aufnahmen Erkrankter selbstständig identifizieren konnte
KI-System identifiziert Vorzeichen
Es zeigte sich: Die künstliche Intelligenz konnte tatsächlich die für die Parkinson-Krankheit typischen Veränderungen der Netzhautgefäße identifizieren. Anhand des kontrastverstärkten Musters dieses Adernetzwerks erkannte das System die krankhafte Verkleinerung der Retinagefäße bei den Parkinson-Patienten.
„Die wichtigste Erkenntnis dieser Studie ist, dass eine Gehirnerkrankung hier mit einer Aufnahme des Auges diagnostiziert wurde“, fasst Diaz zusammen. „Dies unterscheidet sich sehr von den traditionellen Ansätzen, bei denen man verschiedene Gehirnbilder betrachtet, um ein Problem mit dem Gehirn zu finden.“
Kostengünstiges und schnelles Verfahren
Nach Ansicht von Diaz und seine Kollegen könnte dieses Verfahren damit eine entscheidende Rolle in der Früherkennung von Parkinson spielen, denn man benötigt für den neuen Ansatz lediglich eine mit der in Augenkliniken üblichen Ausrüstung erstellte Netzhautaufnahme. Die Bilder könnten sogar mit einem Smartphone mit einer speziellen Linse aufgenommen werden. Im Gegensatz dazu sind die traditionellen Bildgebungsverfahren wie zum Beispiel die Magnetresonanztomographie (MRT) und nuklearmedizinische Techniken aufwendiger und sehr kostspielig.
„Es ist nur eine einfache Aufnahme des Auges, die man in weniger als einer Minute machen kann“, betont Diaz. „Wenn wir dies zu einem jährlichen Screening machen können, dann besteht die Hoffnung, dass wir mehr Fälle früher erkennen können, was uns helfen kann, Parkinson besser zu verstehen und eine Heilung oder einen Weg zu finden, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.“ (RSNA 2020 – 106th Scientific Assembly and Annual Meeting)
Quelle: Radiological Society of North America