Hoffnung für Migränepatienten: Für die Behandlung von Migräne stehen nun gleich drei neue Mittel zur Verfügung. Die kürzlich zugelassenen Medikamente basieren auf spezifischen Antikörpern, die ein für die Kopfschmerzanfälle mitverantwortliches Molekül blockieren. Prophylaktisch verabreicht, können sie die Häufigkeit der Attacken verringern und sollen vor allem bei schwer und häufig betroffenen Patienten zum Einsatz kommen.
Rund sieben Prozent der Männer und 20 Prozent der Frauen in Deutschland leiden unter Migräne. Sucht die Betroffenen eine Attacke heim, löst sie innerhalb von Minuten ein wahres Gewitter im Kopf aus: Lähmende Kopfschmerzen, Sehstörungen und Übelkeit machen ein Funktionieren im Alltag häufig so gut wie unmöglich. Linderung verschaffen oft nur Ruhe und ein abgedunkelter Raum – oder spezielle Medikamente.
Prophylaxe mit Antikörpern
Künftig wird die Palette der zur Behandlung von Migräne zur Verfügung stehenden Mittel um einige Neuzugänge erweitert. Denn gleich drei neue Wirkstoffe haben nun den Weg aus dem Labor auf den Markt geschafft. Bei diesen kürzlich zugelassenen Medikamenten handelt es sich um Antikörperpräparate, die gegen einen Botenstoff namens CGRP wirken. Dieses kleine Eiweißmolekül wirkt gefäßerweiternd und entzündungsfördernd und gilt als wichtiger Akteur beim Entstehen eines Anfalls.
„Der therapeutische Ansatz bestand darin, einen Antikörper zu entwickeln, der die Wirkung von CGRP blockiert. Entstanden ist eine ganz neue Medikamentenklasse, die vor allem für die Vorbeugung der Migräne geeignet ist“, berichtet Stefanie Förderreuther von der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG). Die Antikörper binden an den Rezeptor für das CGRP und verhindern so, dass der Botenstoff seine Wirkung entfalten und einen Migräneanfall auslösen kann.
Weniger Migränetage
Die drei monoklonalen CGRP-Antikörper Erenumab, Galcanezumab und Fremanezumab zeigten in klinischen Studien, dass sie wirksamer sind als ein Placebo und zu einer signifikanten Abnahme der Migränetage führen können. Sie werden den Patienten einmal pro Monat unter die Haut gespritzt, wirken vergleichsweise schnell und sollen zudem gut verträglich sein.
Erenumab ist für die vorbeugende Migränetherapie bei Erwachsenen bereits auf dem europäischen Markt zugelassen und wird vermutlich Ende des Jahres auch in deutschen Apotheken zur Verfügung stehen. Die beiden anderen Präparate sind bisher lediglich in den USA zugelassen – für den europäischen Markt wird allerdings in Kürze eine Entscheidung erwartet.
„Großer Segen“
Schaffen die Mittel wie erwartet den Weg in die deutschen Apothekenregale, dürften davon vor allem Betroffene mit chronischer und immer wiederkehrender Migräne profitieren: „In erster Linie sollten diejenigen Patienten mit den neuen Antikörpern behandelt werden, die schwer und häufig von Migräneattacken betroffen sind und bei denen bislang verfügbare Mittel nicht gut gewirkt haben oder die für sie nicht gut verträglich waren“, sagt der Schmerzmediziner Tim Jürgens von der Universität Rostock.
„Heilen können wir die Migräne damit nicht. Aber die Anzahl der Migränetage zu senken, ist bereits ein großer Segen für die Betroffenen“, schließt Förderreuther. Die Antikörpertherapie senkte in den klinischen Studien die Zahl der Migräneattacken um drei bis sechs Tage und konnte so die Attackenhäufigkeit der Patienten in vielen Fällen halbieren. (Cephalalgia, 2018; doi: 10.1177/0333102418759786; Cephalalgia, 2018; doi: 10.1177/0333102417747230; NEJM, 2017; doi: 10.1056/NEJMoa1705848; NEJM, 2017; doi: 10.1056/NEJMoa1709038)
(Deutsche Schmerzgesellschaft e.V., 04.10.2018 – DAL)