Falle für Viren: Forscher haben eine günstige und umweltfreundliche Filtermembran gegen Viren entwickelt. Das ultrafeine Netz aus Molkeproteinen und Eisen-Nanopartikeln fängt sowohl behüllte Viren wie das Coronavirus SARS-CoV-2 und Influenza ab, als auch unbehüllte Erreger wie Rota- und Enteroviren. Der neue Filter ist primär für die Reinigung von Trinkwasser und Abwasser gedacht, könnte aber auch in Klimaanlagen oder Luftfiltern zum Einsatz kommen.
Krankmachende Viren wie das Coronavirus SARS-CoV-2, das Influenzavirus oder auch Durchfallerreger wie Enteroviren und das Rotavirus verbreiten sich meist über Flüssigkeitströpfchen oder direkten Kontakt. Sie können aber auch im Abwasser und in kontaminierten Gewässern längere Zeit infektiös bleiben. Bisher ließen sich solche Viren nur über aufwändige oder umweltbelastende Techniken wie die Umkehrosmose oder nanosilberhaltige Filter aus dem Wasser entfernen.
Netz aus Molkeprotein und Eisensalz
Doch es geht auch anders: Ein Team um Archana Palika von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) hat einen Virenfilter entwickelt, der auf biokompatiblen Materialien beruht und sowohl behüllte wie unbehüllte Viren effektiv aus Wasser oder Luft filtern kann. Die Grundlage der Filtermembran bilden denaturierte Molkeproteine, die sich unter dem Einfluss von Säure und durch Erhitzen auf rund 90 Grad zu feinen Amyloidfibrillen zusammenlagern.
Im nächsten Schritt kommt Eisensalz in Form von hydratisiertem Eisenchlorid (FeCl3) hinzu und der pH-Wert wird unter Zugabe von Natronlauge wieder erhöht. Dadurch wandelt sich das Eisenchlorid in Eisenhydroxid-Nanopartikel um, die sich an die Amyloidfasern anlagern. Der Clou daran: Die Metallnanopartikel sind positiv geladen und verleihen dem Filter so die Fähigkeit, die vorwiegend negativ geladenen Viren anzuziehen.
Virenkonzentrationen unter der Nachweisgrenze
Wie gut der Virenfilter funktioniert, haben die Forschenden mit verschiedenen behüllten und unbehüllten Viren getestet, darunter dem Coronavirus SARS-CoV-2, dem Influenzavirus H1N1 sowie verschiedenen Bakteriophagen, die als gute Modelle für behüllte und unbehüllte Erreger gelten. In allen Fällen lag die anfängliche Kontamination des Wassers bei rund einer Million infektiösen Einheiten pro Milliliter.
Die Tests ergaben: Nach Passage durch die Filtermembran sank die Virenkonzentration bei allen Proben unter die Nachweisgrenze. „Die Membran reduzierte damit das infektiöse Potenzial um mehr als sechs Größenordnungen“, so die Forschenden. Ergänzende Inkubationstests zeigten, dass diese Virusentfernung nicht nur an der passiven Filterwirkung der Membran lag, sondern dass die Viren unter Einfluss der Eisen-Nanopartikel auch inaktiviert wurden: Sie konnten sich nicht mehr vermehren.
Vielseitige Einsatzmöglichkeiten
Die Kombination von Amyloidfibrillen und Eisen-Hydroxid-Nanopartikeln macht die Filtermembran damit zu einer hochwirksamen und effizienten Falle für verschiedene, im Wasser zirkulierende Viren, wie das Forschungsteam erklärt. Konzipiert ist die Membran zwar in erster Linie für den Einsatz in Kläranlagen oder bei der Trinkwasseraufbereitung. Sie könnte jedoch auch in Luftfilteranlagen oder sogar in Masken eingesetzt werden.
„Wir sind uns bewusst, dass das neue Coronavirus überwiegend über Tröpfchen und Aerosole übertragen wird. Doch selbst dabei muss es stets von Wasser umgeben sein“, sagt Seniorautor Raffaele Mezzenga von der ETH Zürich. „Dass wir es sehr effizient auch aus dem Wasser entfernen können, unterstreicht die breite Anwendbarkeit unserer Membran eindrücklich.“
Kompostierbar und energiesparend
Positiv auch: Die Filtermembran ist einfach und kostengünstig in der Herstellung und besteht aus nichtgiftigen, biokompatiblen Materialien. Sie weist deshalb eine hervorragende Umweltbilanz auf, wie die Forschenden in ihrer Studie ebenfalls aufzeigen. Der Filter lässt sich mit minimalem Energieaufwand produzieren, braucht in der Anwendung gar keinen Strom und kann nach Nutzung einfach kompostiert werden.
Die Filtermembran könnte gerade in ärmeren Ländern helfen, krankmachende Virusinfektionen zu verhindern. Denn vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern sterben pro Jahr rund eine halbe Million Menschen – oft Kleinkinder – an Infektionen mit Enteroviren. Diese sind äußerst zäh und säurebeständig und verbleiben sehr lange im Wasser. Aber auch in der aktuellen Corona-Pandemie könnten die Virenfilter dazu beitragen, das Infektionsrisiko mit SARS-CoV-2 zu verringern. (Nature Nanotechnology, 2021; doi: 10.1038/s41565-021-00920-5)
Quelle: Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)