Medizin

Neues Mittel gegen Parodontose?

Hemmung körpereigener Abwehrprozesse lässt Entzündung zurückgehen

Hoffnung auf gesunde Zähne: Forscher haben einen Wirkstoff gefunden, der Parodontose heilen könnte. © iStock.com/ YanLev

Gute Nachrichten für Parodontose-Geplagte: Womöglich könnte es bald eine neue Therapie für die bakterielle Infektion des Zahnbetts geben. Forscher haben einen Wirkstoff gefunden, der ein Immunprotein hemmt und dadurch die Entzündung verhindert. Im Tierversuch besserte sich die Parodontose schon nach wenigen Wochen Behandlung deutlich, wie die Forscher berichten. Sie wollen den Ansatz nun bald in ersten Studien auch am Menschen testen.

Parodontitis ist eine Volkskrankheit. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland leidet daran – und schon die Eismumie Ötzi quälte diese Entzündung. Verursacht wird die im Volksmund auch als Parodontose bezeichnete Krankheit von Bakterien. Diese siedeln sich auf dem Zahnbelag an und bilden dort feste Ablagerungen, sogenannten Plaque, der sich vor allem am Zahnfleischrand und in den Zahnzwischenräumen festsetzt.

Zu den ersten Symptomen einer Parodontitis zählt oft Zahnfleischbluten. Greift die Infektion auf den Kieferknochen über, bildet sich dieser zurück – im Extremfall so weit, dass die Zähne locker werden. Zudem kann die Entzündung auch auf den Rest des Körpers übergehen und zum Beispiel Arteriosklerose oder Arthritis auslösen. Eine schnelle und effektive Behandlung ist deshalb besonders wichtig. Neben der üblichen Therapie, bei der der Arzt unter anderem die schädlichen Ablagerungen entfernt, gibt es bislang jedoch kaum alternative Behandlungsmöglichkeiten.

Wissenschaftler um Tomoki Maekawa von der University of Pennsylvania haben nun einen neuen Therapieansatz getestet, der in das Immunsystem der Parodontose-Patienten eingreift. Frühere Studien hatten bereits gezeigt, dass ein bestimmter Bestandteil der körpereigenen Abwehr ein geeigneter Angriffspunkt sein könnte, um die Symptome einer chronischen Entzündung zu mindern.

Deutlicher Entzündungsrückgang

Vorher-Nachher: Oben ein Zahn vor der Behandlung mit Cp40, unten nach sechswöchiger Therapie. © University of Pennsylvania

Für ihre Untersuchung haben die Forscher einen Wirkstoff namens Cp40 eingesetzt, der das körpereigene Protein C3 hemmt. Dieses Protein ist ein wichtiger Bestandteil des sogenannten Komplementsystems. Als Teil des angeborenen Immunsystems stößt es Reaktionen an, die entzündliche Prozesse in Gang setzen – eine Strategie, um unerwünschte Eindringlinge abzuwehren.

Im Tierversuch injizierten die Forscher Cp40 in das durch Parodontitis angegriffene Gewebe. Zunächst verabreichten sie den Hemmer dreimal pro Woche. Schnell zeigte sich: Die Entzündung ging deutlich zurück. Aufgrund der guten Ergebnisse versuchten Maekawa und seine Kollegen dann, den Wirkstoff bei einer zweiten Gruppe nur einmal pro Woche zu geben – und sahen die gleichen vielversprechenden Resultate.

Erfolgreich auch am Menschen?

„Schon nach einer einzigen Behandlung sahen wir einen Unterschied, was den Grad der Entzündung angeht“, sagt Mitautor George Hajishengallis. „Nach sechs Wochen war die Entzündung deutlich zurückgegangen. Das konnten wir zum einen am Zahnbett selbst erkennen, zum anderen auch auf zellulärer und molekularer Ebene nachweisen.“ Zum Beispiel sei die Konzentration sogenannter entzündlicher Zytokine zurückgegangen.

Anders als von einigen Fachleuten vermutet, habe die Blockade des Komplementsystems nicht zu mehr Infektionen geführt. Stattdessen seien mit der Entzündung auch die Bakterien verschwunden, schreiben die Forscher. Sie wollen nun möglichst bald testen, ob sich ihr Ansatz auch an menschlichen Probanden erfolgreich zeigt. (Journal of Clinical Periodontology, 2016; doi: 10.1111/jcpe.12507)

(University of Pennsylvania, 09.03.2016 – DAL)

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