Mikrobiologie

Neues „Super-Antibiotikum“ entwickelt

Cresomycin wirkt effektiv gegen verschiedene multiresistente Keime

Darstellung von Cresomycin
Übersicht und Nahaufnahme von Cresomycin, gebunden an das bakterielle Ribosom von Thermus thermophilus. © Yury Polikanov/University of Illinois Chicago

Neuer Wirkstoff: Das neuartige synthetische Molekül Cresomycin wirkt bemerkenswert gut als Antibiotikum. Es tötet sogar verschiedenste Bakterienformen ab, die multiple Resistenzen gegen die bisher zugelassenen Antibiotika entwickelt haben, wie Forschende in „Science“ berichten. Cresomycin könnte damit eines der langerhofften, wenn auch nicht das bestmögliche aller Mittel gegen multiresistente Keime sein, auf die die öffentliche Gesundheit dringend angewiesen ist.

Weltweit sterben immer mehr Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Bakterien. Die Entwicklung neuer Wirkstoffe gegen solche multiresistenten Keime erfordert jedoch Zeit und schreitet langsamer voran, als sich die Bakterien weiterentwickeln. So bestehen gängige Antibiotika aus der Gruppe der Lincosamide wie das häufig verschriebene Clindamycin aus kleinen Molekülen, die auf das bakterielle Ribosom abzielen – die Maschinerie, mit der die Bakterien ihre Proteine herstellen.

Doch inzwischen haben viele Bakterien ihre Ribosomen so verändert, dass die dort ansetzenden Antibiotika heute nicht mehr so effektiv wirken. Die Bakterien wurden dadurch resistent und viele dieser Antibiotika unwirksam. Forschende arbeiten daher seit Längerem an neuartigen Antibiotika-Molekülen, deren Struktur optimal auch an unterschiedliche Ribosomenformen bindet.

Was kann Cresomycin?

Einem Forschungsteam um Kelvin Wu von der Harvard University ist es nun mit einem chemischen Baukastenprinzip gelungen, ein solches Molekül zu entwerfen und herzustellen. Das Cresomycin (CRM) genannte Antibiotikum ähnelt strukturell dem Clindamycin, bindet wegen seiner steiferen Form jedoch effektiver an die Ribosomen verschiedener Bakterienarten, wie die Forschenden berichten. Dies ermittelten sie per Computerberechnungen, Strukturanalysen und verschiedenen biochemischen Methoden bei Zellkulturen und an lebenden Mäusen.

Demnach hemmt der synthetische Wirkstoff sowohl die Ribosomen von Gram-negativen als auch von Gram-positiven Bakterien, wie Wu und seine Kollegen berichten. Darunter sind auch multiresistente Krankenhauskeime der Arten Staphylococcus aureus, Escherichia coli und Pseudomonas aeruginosa. Damit wirkt Cresomycin gegen eine deutlich breitere Palette an Keimen als gängige Lincosamide.

Weitere Antibiotika erwartbar

Angesichts der Fülle an theoretisch möglichen Molekülstrukturen von Antibiotika sei es statistisch unwahrscheinlich, dass Cresomycin bereits das bestwirksame aller möglichen Moleküle darstellt, betonen die Forschenden. Wahrscheinlich gebe es noch weitere Wirkstoffe, die effektivere Antibiotika wären, die jedoch noch nicht getestet wurden. „Obwohl dies vielleicht eine entmutigende Überlegung ist, glauben wir, dass unsere Ergebnisse ein gutes Zeichen für die zukünftige Entdeckung antibakterieller Wirkstoffe sind, die weitreichend gegen antibiotikaresistente Bakterien wirksam sind“, schreiben die Wissenschaftler.

„Obwohl wir noch nicht wissen, ob Cresomycin und ähnliche Medikamente beim Menschen sicher und wirksam sind, zeigen unsere Ergebnisse im Vergleich zu klinisch zugelassenen Medikamenten eine deutlich verbesserte Hemmwirkung gegen eine lange Liste pathogener Bakterienstämme, die jedes Jahr mehr als eine Million Menschen töten“, ergänzt Seniorautor Andrew Myers von der Harvard University. Die Forschenden wollen Cresomycin nun in präklinischen Studien weiter untersuchen und optimieren. (Science, 2024; doi: 10.1126/science.adk8013)

Quelle: American Association for the Advancement of Science (AAAS), Harvard University

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