Bakterielle Übeltäter? Forscher haben herausgefunden, dass sich bei einer Neurodermitis ungewöhnlich viele Staphylokokken auf der Haut tummeln. Diese Bakterien scheinen andere Mikrobenarten zu verdrängen und damit eine wesentliche Rolle für die krankhaften Entzündungsvorgänge zu spielen. Denn abhängig von der Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft auf der Haut verändert sich offenbar die Aktivität von Genen, die für eine intakte und stabile Hautbarriere wichtig sind.
Die Haut von Neurodermitis-Patienten ist oft trocken, gerötet und juckt: Die Schutzfunktion dieser wichtigen äußeren Barriere des Körpers ist bei ihnen durch die Krankheit gestört. Schon der kleinste Reiz kann daher unangenehme Entzündungsreaktionen hervorrufen. Eine wesentliche Rolle scheinen dabei Bakterien zu spielen: „Aktuelle Studien zeigen, dass die Bakterienzusammensetzung der Haut Einfluss auf den Entzündungsvorgang hat“, berichtet Matthias Reiger von der Technischen Universität München.
Um dieses Phänomen genauer zu untersuchen, haben der Mikrobiologe und seine Kollegen nun Hautproben von gesunden Menschen und Probanden mit Neurodermitis analysiert. Wie würde sich die Zusammensetzung des Haut-Mikrobioms zwischen diesen beiden Gruppen unterscheiden? Die Auswertung offenbarte: Auf der Haut von Neurodermitikern tummelten sich auffällig viele Staphylokokken.
Staphylokokken dominieren
Bakterien dieser Gattung dominierten demnach deutlich die Mikrobengemeinschaft der kranken Haut. Besonders häufig war die als Krankenhauskeim zu traurigem Ruhm gelangte Spezies Staphylococcus aureus – unabhängig davon, ob die betroffene Haut akut entzündet war oder nicht. „Bei bestimmten entzündeten Proben nahm S. aureus sogar bis zu 99 Prozent der gesamten mikrobiellen Zusammensetzung ein“, sagt Reiger.
Wie die Wissenschaftler beobachteten, scheint der Keim andere Staphylokokken-Arten zu verdrängen: Je mehr S. aureus-Bakterien auf der Haut zu finden sind, desto seltener lassen sich andere Spezies nachweisen. Doch über welche Mechanismen könnten die Bakterien Einfluss auf den Zustand der Haut nehmen?
Veränderte Genaktivität
Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich abhängig von den jeweiligen bakteriellen Bewohnern die Aktivität mancher Gene in den Hautzellen signifikant veränderte. „Besonders ausgeprägt war dieser Effekt für vier Gene, die an der Instandhaltung einer intakten und stabilen Hautbarriere beteiligt sind“, berichtet Reigers Kollege Avidan Neumann.
Das Mikrobiom scheint demnach direkten Einfluss auf die Hautbarriere nehmen zu können – und somit ein entscheidender Faktor bei der Manifestation von Neurodermitis und möglicherweise auch anderen Hauterkrankungen zu sein. Die Wissenschaftler wollen den nun entdeckten Zusammenhang in künftigen Studien genauer erforschen. Sie erhoffen sich davon auch neue Ansätze für die Therapie des chronischen Hautleidens. (Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2018; doi: 10.1016/j.jaci.2018.07.005)
(TU München, 13.08.2018 – DAL)