Fehlgeleitete Heilung: Forschende haben eine zuvor unerkannte Ursache neuropathischer Schmerzen aufgeklärt – chronischer Schmerzen, die nach einem Nervenschaden auftreten und selbst leichte Berührungen zur Qual machen. Demnach wachsen schmerzleitende Nerven statt der vorher vorhandenen taktilen Fasern in das Wundgebiet ein. Dadurch lösen Tastreize irrtümlich Schmerzen aus, wie das Team in „Nature“ berichtet.
Wenn periphere Nerven durch Verletzungen durchtrennt oder geschädigt werden, wird der betroffene Bereich taub – Berührungen und andere Reize werden nicht mehr zum Gehirn geleitet. Doch nach einer Weile kann eine Regeneration einsetzen: Nerven aus benachbarten Bereichen wachsen in das Wundgebiet ein und das Gefühl kehrt zurück – aber auch chronischer Schmerz. Denn oft wird der Bereich überempfindlich und selbst kleinere Berührungen können starke Schmerzen auslösen.

Erst taub, dann überempfindlich
Was diese neuropathischen Schmerzen verursacht, war bislang erst in Teilen geklärt. Ein Team um Vijayan Gangadharan von der Universität Heidelberg ist daher den Vorgängen bei der Nervenregeneration noch einmal genauer auf den Grund gegangen. Dafür fügten die Forschenden betäubten Mäusen zunächst eine Nervenverletzung am Schienbein durch. Dann beobachteten sie mithilfe unterschiedlicher Biomarker und mikroskopischer Verfahren, was bei der Regeneration geschah.
Wie erwartet war das betroffene Gebiet zunächst unempfindlich gegen jede Art der mechanischen Reizung – die zerstörten Hautnerven machten es taub. Im Laufe der folgenden Wochen kehrte das Gefühl aber nach und nach zurück und der taube Bereich wurde immer kleiner. Nach etwa 20 Wochen jedoch schlug die Heilung um: Die Mäuse reagierten nun überempfindlich auf selbst leichte Berührungen – sie litten nun unter chronischen neuropathischen Schmerzen.